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Im Frühsommer des Jahres 1810 macht sich ein Trupp Telegraphen unter Leitung eines gewissen Herrn Bommel auf ins bayerisch-böhmische Grenzgebiet, um Standorte für eine neue Telegraphen-Trasse zu finden. Begleitet werden sie vom Ingenieurgeographen Herrn Alois von Coulon, der Geländemessungen vornehmen will. Zu diesem Behufe nehmen die Herren Ingenieure einige Kutscher und 3 Köchinnen in Lohn. Wir bieten unsere Dienste an und fahren den Küchenwagen.

 

 

 

oben: Der Erfinder Bommel und seine Telegraphengruppe sind die Vorreiter der optischen Telegraphie in bairischen Landen. 1810 soll der Fortschritt auch im Bayerischen Wald Einzug halten.

links: Die Obrigkeit hat Herrn von Coulon und den Wissenschaftlern einen französischen Gendarmen zur Seite gestellt, der den reibungslosen Ablauf der Reise gewährleisten und lichtscheues Gesindel fernhalten soll.

unten: Weitere Reisende schließen sich der Gesellschaft an, unter anderem die Seifensiederin Rosa Schulte-Menken und die Kirchhamer Haubenmacherin Caroline Holpriger.

Sie sind nicht die Einzigen, die sich vom Anschluß an den Zug der Telegraphen mehr Sicherheit versprechen, und so haben sich am Ende 35 Personen für die Teilnahme angemeldet. Neben den technischen Gerätschaften muß auch die persönliche Habe der Mitreisenden transportiert werden.

 

links: Oberwagenmeister Vahnenbroek wird den Treck führen.  

Der Zug wird nahe Grainet zusammengestellt. Auf einer Wiese am Harländer Bach, auf halbem Weg zwischen Unterseilberg und Rehberg, treffen Wägen und Reisende ein. Drei Leiterwägen hatten die Ingenieure geordert. Zu aller Entsetzen stehen jedoch nur zwei Wägen bereit. Das viele Gepäck muß mühsam auf die beiden verbleibenden Wägen verteilt werden, die dadurch eigentlich hoffnungslos überladen sind. Auch wir müssen zusätzliche Fracht auf unserem Küchenkarren aufnehmen.

Am Tag vor unserem Aufbruch wird einmal zur Probe das Gepäck auf die Wägen verladen. Im Angesicht der hoffnungslosen Transportlage werden die Reisenden genötigt, jedes entbehrliche Gepäckstück in Grainet zurück zu lassen.


 

Ein Lohnkutscher mit einem edel ausgestatteten Landauer bietet sich an, den Treck zu begleiten, so daß die Reisenden nicht die gesamte Strecke laufen müssen, sondern zumindest Teilstrecken in der Kutsche zurücklegen können. Gegen Bezahlung, versteht sich.

4 Sitzplätze hat der Landauer und es wurde vereinbart, jede Tagesetappe in 4 Teilstrecken einzuteilen, für die pro Person für die 5-tägige Reise je 2 Billets ausgegeben wurden. Die Fahrkarten werden eifrig gegen Bierbons oder Nachtwache-Dienst eingetauscht, je nach Priorität des jeweiligen Reisenden.

Die Herren v. Coulon und Bommel

Folgende Fuhrwerke bilden unseren Treck:

 

erster Planwagen:

Ludwig Mitterbauer und Eva Hiergeist aus dem Rottal mit Bella und Flicka (Noriker)

zweiter Planwagen:

Uwe und Madlen Scholz aus dem Vogtland mit Mara und Mary (Sächsisches Kaltblut)

Landauer:

Stefan Hoppe, seine Tochter Julia und Samuel Kummerow aus dem Vogtland mit Stockie und Scharon (Noriker)

Karren und Packpferde:

Albert und Henrike Schwark aus Ammerfeld mit Rufus, Gilette, Emmeram (Freiberger) und Bacardi (Muli)

 


Die erste Tagesetappe führt die bunt gewürfelte Gesellschaft am Pfingstmontag das Haidelmassiv hinauf. Der steile Aufstieg gleich am Fuß des Haidels ist ein unüberwindliches Hindernis für die großen Planwägen. Unser von Rufus gezogener Küchenkarren und die Packpferde – das Vorauskommando – haben den ersten Aufschwung schon längst erklommen, wenn auch unter großer Anstrengung, als wir die Probleme der nachfolgenden Wägen bemerken. Oberwagenmeister Vahnenbroek läuft den steilen Pfad zurück und konferiert mit den Fuhrleuten. Wir beschließen erst einmal getrennte Wege zu verfolgen. Es wird eine Wiedervereinigung des Zugs auf der Anhöhe in Oberseilberg vereinbart.

Die Leiterwägen und der Landauer müssen einen weiten Umweg fahren, um den Höhenanstieg an einer weniger steilen Stelle zu bewältigen. Dabei verfahren sie sich sogar und müssen auf einem schmalen Waldweg wenden – eine äußerst kritische Situation, die zum Glück ohne Schaden an Mensch, Tier oder Material von statten geht. Die Kutscher sind äußerst erfahrene und kompetente Fuhrleute, die sich dieser Herausforderung gewachsen zeigen.

In Oberseilberg wartet die Vorhut auf den Rest des Trecks. Erst gibt es erquickendes Quellwasser zu trinken, dann bringt ein Anwohner sogar frisches kühles Bier für die müden Wanderer. Das Muli ist etwas verunsichert, tritt aus und trifft mich volle Breitseite am Oberschenkel.

Aus dem Journal der Holprigerin:

"Als sollte dies alles nicht schon genug sein, machte das mitgeführte Muli, das als Lasttier für die Planen dienen sollte, seinem Führer Schwierigkeiten und bockte derart, dass es seine Last gänzlich abwarf und wieder eingefangen und zur Raison gebracht werden musste."

Nachdem die restliche Reisegesellschaft zu uns aufgeschlossen und auch ein wenig gerastet hat, marschiert der vereinte Tross weiter bergan bis nach Schwendreut, wo wir an der Kapelle unser erstes Lager errichten wollen. Einer der großen Wägen hat wiederum Mühe mit der Steigung, die Pferde sind durch die vorangegangene Anstrengung ausgelaugt. Der Kutscher des Landauers spannt seine 2 Kaltblüter aus und läuft mit den Tieren zurück, um den überladenen Wagen bis ins Ziel zu ziehen. Morgen werden wir anders packen und auf diesem Fuhrwerk Gewicht reduzieren müssen.

Die kleine Kapelle von Schwendreut thront hoch über der Landschaft, auf einer Lichtung im Wald. Der herrliche Blick über die Nebelschwaden im Tal belohnt für die Strapazen des Aufstiegs.

Es herrscht rege Betriebsamkeit, bis die Pferche für die Pferde errichtet, der Donnerbalken ausgehoben und die schützenden Zeltplanen für die Schlafstätten aufgespannt sind. Die Köchinnen zaubern einen schmackhaften Eintopf und zum Ausklang des Tages stechen wir ein Faß Bier an, bevor alle ihre wohlverdiente Ruhe genießen. Glücklicherweise bleiben wir heute Nacht trotz drohender Wolken von Regen weitgehend verschont.


Nach ein paar Tropfen Regen in der Früh wird der Zug am Dienstag nach den Erfahrungen des Vortages neu zusammengestellt. Während Uwes sächsische Kaltblüter auf einen schnellen Schritt auch unter Last gezüchtet und trainiert sind, lassen es Ludwigs Noriker eher langsamer angehen – besonders auf die ältere Bella müssen wir Rücksicht nehmen. Daher gehen der Küchenkarren und die Packpferde mit dem Treckführer voraus, gefolgt von Ludwig mit dem langsamen Fuhrwerk und begleitet vom Gros der Fußgänger.

Uwe und Stefan bleiben mit Planwagen und Landauer zurück und warten eine Viertelstunde ab, bevor sie folgen. An vorher bestimmten Punkten wird gewartet, eine Erholungspause eingelegt, und der Zug sammelt sich wieder. Auf diese Weise gehen wir von Rastpunkt zu Rastpunkt, Mensch und Tier können das jeweils angemessene Tempo marschieren.

Ich führe die 24-jährige Gilette, kann sie kaum zurückhalten auf das langsame Marschtempo. Die Stute ist so munter und frisch, daß ich guten Gewissens aufsteige und für den Rest des Marsches reite.

Bei unserem Rastpunkt in Untertheresienreut baut der Herr Ingenieurgeograph seine Nivellierungs-Boussole auf und führt eine wissenschaftliche Messung durch. Neugierig belagern uns die Bewohner des Ortes und bestaunen das Gerät.

Es lebt hier in dieser abgelegenen Gegend offenbar ein äußerst freundlicher und aufgeschlossener Menschenschlag.

Aus dem Journal der Holprigerin:

"Wir kamen durch eine Ortschaft, in der unser bunter Zug wieder viel Aufsehen erregte. Auch hier erhielten wir einen freundlichen Empfang. Ein Herr hieß uns an seinem Haus anhalten und labte uns Reisende mit kühlem Bier und die Rösser mit Äpfeln, ja sogar für die drei mitgeführten Hunde fand er ein paar Leckerbissen."

Als wir unser Abendquartier in Haidmühle gegenüber der Pfarrkirche St. Maximilian erreichen, steht schon ein drohendes Gewitter am Himmel. Eilig errichten wir Pferche und Schutzplanen, aber als das Gewitter mit starken Sturmböen losbricht, bleibt uns nichts anderes übrig als in den Stallungen des Gasthofs Schutz zu suchen. Nur die Köchinnen sitzen unerschütterlich im tosenden Regen am Feuer und braten leckere Forellen für 35 Leute.

Verspeisen dürfen wir unser Mahl in der „Schmugglerklause“ des Gasthofs, die der Wirt eingedenk des Wetters für uns öffnet. Der Gasthof Strohmaier hat noch freie Zimmer, daher gönne ich mir und meiner mitreisenden 78-jährigen Mutter heute Nacht ein richtiges Bett unter einem festen Dach. Der Rest des Trosses verteilt sich auf Heulager und Pferdestall. Als mitten in der Nacht die Pferde naß in ihren Pferchen im Sturm stehen und frieren, evakuieren wir sie in den festen Stall, die Menschen müssen sich ein anderes Plätzchen suchen. Albert liegt mit seinem Strohsack in der Stallgasse. Ludwigs Pferde pullern solche Mengen, daß es aus dem Stall hinausquillt und Berts Strohsack und Wolldecke einsaut.


Der Herr Ingenieurgeograph, ein Herr gesetzteren Alters, verläßt uns am Morgen. Er fühlt sich den Unbillen der rustikalen Reise nicht gewachsen, insbesondere da ihn sein Rücken arg plagt. Herr von Coulon geruht, auf direktem Weg voraus nach Finsterau zu fahren, um dort in einer konfortablen Herberge auf den Rest der Gesellschaft zu warten.

Wir erwarten für den heutigen Tag wieder ein paar Steigungen – das liegt einfach in der Natur dieser Landschaft im Spannungsfeld zwischen bewaldeten Bergen, Magerwiesen an den Hängen und moorigen Senken – und denken über Vorspann nach. Gestern ist der Zug aber gut zurecht gekommen mit dem späteren Aufbruch der schnelleren Fuhrwerke, also beschließen Kutscher und Oberwagenmeister gemeinsam, auch an diesem Mittwoch wieder so vorzugehen.

Die Strecke führt uns über die Landesgrenze in den Böhmerwald (in den tschechischen Nationalpark Šumava). Der Schlagbaum ist für unseren Treck geöffnet und wir ziehen unbehelligt parallel zur böhmisch-bayerischen Grenze nach Norden. Die neugierigen böhmischen Weidekühe springen munter über die Wiesen und möchten uns wohl am liebsten begleiten. Das Wetter ist durchwachsen, streckenweise ist uns die Sonne gewogen, aber zweimal müssen wir heftigen Regenschauern und sogar Hagel trotzen.


Am Nachmittag führen wir die Wägen den steilen Hohlweg des Goldenen Steigs hinab und überqueren die Brücke am Grenzbach bei Marchhäuser. Wieder zurück auf bayerischem Territorium geht es ein äußerst steiles Stück bergauf. Der Karren gerät mit dem rechten Rad vom befestigten Weg hinunter ins Gras. Die Männer müssen mit anschieben. Trotzdem nimmt unser Rad großen Schaden – zwei Speichen sind gebrochen und die Radnabe völlig ausgeschlagen. Zwar können wir die Reise fortsetzen, aber das Rad wird nun nicht mehr lange halten und muß bald ersetzt werden. Als wir am Ende der Steigung eine Pause einlegen, kommen die Anwohner und verwöhnen uns mit frisch gebackenem Kuchen.


Ziel der heutigen Etappe ist Schnellenzipf. Der Treck lagert auf einer Wiese, die zum “Runenhof” von Walter Lausecker gehört. Wir erreichen die Anhöhe zeitig, so daß die Herren Telegraphen hier zwei Masten errichten können.

Der Abend ist bitter kalt, die Köchinnen schütten Rotwein und Apfelsaft zusammen und erwärmen das Getränk, um die Moral zu stärken und unsere starren Glieder zu wärmen. Die gemischte Reisegesellschaft findet immer mehr zueinander, sitzt beisammen, erzählt und singt gemeinsam.

Aus dem Journal der Holprigerin:

"Nach dem Essen standen wir in trauter Runde im hellen Mondenschein um das wärmende Lagerfeuer. Jemand stimmte Matthias Claudius' Abendlied an und viele weitere Gesänge folgten."

Nachts kriechen alle unter die Wolldecken und versuchen, sich gegen den Nachtfrost so gut als möglich zu schützen.

 


Die Erfahrungen mit den Steigungen haben gezeigt, daß der geplante Reiseverlauf über die Alpe bei Mitterfirmiansreut für die schwer beladenen Fuhrwerke nicht zu schaffen ist. Oberwagenmeister Vahnenbroek arbeitet gemeinsam mit Albert und einem ortskundigen Führer für die nächsten 2 Tage eine alternative Route nach Finsterau aus.

Am Donnerstag zieht der Zug zunächst wie vorgesehen nach Philippsreut, wo uns der Belgier Denis und seine Frau Angela planmässig verlassen. Dann erklimmen wir aber nicht die Anhöhe, sondern folgen der Bergflanke in Richtung Mauth.

Im Wald vertut sich der Treckführer und nimmt einen falschen Weg. Da die schweren Leiterwägen auf dem schmalen Waldweg nicht wenden können, müssen wir eine andere Lösung finden.

Wenn es darum geht, einen Weg voraus zu laufen und zu erforschen, dann ist normalerweise immer Dorfschullehrer Brundelius zur Stelle . Sein überragender Orientierungssinn hat uns auf der Reise schon einige Male gute Dienste geleistet. Diesmal ist es aber Monsieur le Gendarme, der einen quer laufenden und dicht bewachsenen engen Waldweg erkundet und bestätigt, daß dieser Pfad zu unserem Glück auf den richtigen Weg zurück führt. Am Ausgang dieses Pfades muß allerdings erst ein umgestürzter Baum mitsamt Wurzelstock weggezogen werden.

Die großen Fuhrwerke biegen ein, umfahren einige sehr buckelige Stellen auf der angrenzenden Wiese und kommen durch das vom Baumstamm befreite Nadelöhr wieder auf die geplante Strecke.

Fußgänger, Packpferde und Küchenkarren hingegen wenden auf dem Waldweg und gehen das kurze Stück zurück bis zur versäumten Abzweigung.

Als wir die Bärenbachklause mit ihrem kleinen See im Wald erreichen, ist es noch zu früh für unsere Abendrast. Herr Vahnenbroek möchte heute möglichst viel Strecke machen, damit morgen der letzte Tag nicht so anstrengend wird. Wir ziehen also weiter bis zur Annathalmühle, wo wir hoffen, unser Lager an der Sägemühle aufschlagen zu dürfen. Dies bleibt uns jedoch verwehrt. Das Gras auf den Wiesen steht noch hoch, die Bauern wollen ihre Heuernte nicht schädigen, daher müssen wir wohl oder übel weiterziehen.


Mensch und Tier sind müde, aber es hilft nichts: wir müssen uns noch 3 km bergauf quälen, bis wir die Kleinstadt Mauth erreichen. Jenseits des Stadtkerns in einer Senke liegt ein schöner See, dessen Ufer wird zu unserem Nachtquartier auserkoren. Wir erhalten Unterstützung von allerhöchster Stelle, der Bürgermeister von Mauth persönlich besorgt Heu für unsere Zugtiere (und schließt uns die Toiletten und Duschen am Bauhof auf). Sämtliche Reisende sind froh, diese lange und schwierige Etappe bewältigt zu haben, die lockere Stimmung am Abend läßt die Erleichterung deutlich spüren.


 


Vor unserem Aufbruch am Freitag Morgen schwimme ich eine Runde im eiskalten Mauther See und gönne mir ein neues Hemd – schließlich will ich ordentlich in Finsterau eintreffen.

Die Sonne lacht vom Himmel, der Weg ist idyllisch, birgt aber auch wieder die eine oder andere tückische Steigung. Insbesondere der letzte Aufstieg nach Finsterau (ins Freilichtmuseum) bei drückender Hitze ist sehr anstrengend.

Am frühen Nachmittag haben wir unser Ziel erreicht. Wir errichten das Lager und auch die Kochstelle,

Die Reisegesellschaft speist heute Abend aber gemeinsam in der Tafernwirtschaft “zur Ehrn”. Der Wirt wurde im voraus avisiert und hat für den ganzen Tross Rehragout mit Knödeln zubereitet.

 


In Finsterau gehen alle Mitreisende wieder ihren originären Tätigkeiten nach: Herr Bommel und seine Männer errichten Semaphoren, Herr v. Coulon führt Messungen durch, Treckmeister Vahnenbroek - von Beruf Chirurgus und Balbierer - befreit etliche Kerle von ihren wuchernden Bärten, die Damen bieten feinste Spitzen- und Brokat-Hauben sowie blumig duftende Seifen feil, während die Kutscher sich um ihre Pferde und die Köchinnen sich um unser aller leibliches Wohl kümmern.

Museumsbesucher kommen leider nur wenige vorbei, denn obwohl am Samstag im Museum der Bayerwaldtag abgehalten wird, verirrt sich kaum einer der Gäste bis zu uns.

Am Samstag Abend hält Herr Bommel eine Soirée ab. Geladen sind Herr von Coulon, Herr Vahnenbroek, Frau Caroline Holpriger und die Mamsell Katharina Drechslerin, also die feinen Herrschaften. Jungtelegraph Sauerland, der ein passabler Sänger ist, gibt ein paar Lieder zum besten, um Bommels Gäste zu unterhalten. Wir Bauern und Kutscher stehen hinter den Bäumen und gaffen, während Diener Hans die Abendgesellschaft mit Wein, Likör und leckeren Spezereien bedient. Bommels Telegraphentruppe führt zur Kurzweil sogar ein lustiges Puppenspiel auf, wie Kasperle die holde Prinzessin vor dem bösen Krokodil errettet.

Aus dem Journal der Holprigerin:

"Der Tisch war allerliebst mit Wiesenblumen und Heidelbeergrün geschmückt. Bekrönt wurde er von der zierlichen Miniatur eines Telegrafenmastes, wie sie nach Erzählung des Herrn Bommel derzeit auf Bällen als galante Nachrichtenübermittlung von Tisch zu Tisch Mode sind. Der treue Hans und sein Gefährte brachten, herbeigerufen vom hellen Glöckchen ihres Herren, immer aufs Neue allerlei Leckereien und köstliche Getränke, angefangen von Champagner über Wein und Port bis zu Rum aus Jamaica, wodurch die Stimmung in der Runde immer heiterer wurde. Die Konversation war durch die Anleitung des Gastgebers sehr angeregt. Wir lauschten interessiert den von Coulon und Bommel ausgetauschten Fachsimpeleien über geographische und telegraphische Angelegenheiten und schilderten reihum unsere Eindrücke der gemeinsamen Reise, die ja bei jedem ein wenig verschieden ausfielen. Zu unserem größten Vergnügen bekamen wir mehrere künstlerische Intermezzi geboten. Burkard, ein lustiger Geselle aus Bommels Gefolgschaft, brachte uns mehrere dramatisch und mit solcher Verve vorgetragene Lieder zu Gehör, so dass Herr von Coulon jedes Mal begeistert aufsprang, heftig applaudierte und dem Sänger eine Karriere an der Oper voraussagte. Als krönenden Abschluss wurden wir durch ein kurzes Kasperltheater auf das köstlichste unterhalten, so dass uns die hellen Lachtränen die von Sonne und Wein glühenden Wangen hinabliefen. Sogleich sprang ein Diener heran und reichte auf einem Tablett ein buntes Taschentuch, mit dem die Tränen getrocknet werden konnten. Alsdann begaben wir uns wieder zu den anderen Mitreisenden am Lagerfeuer, wo wir fröhlich plaudernd den Abend ausklingen ließen."

Der Herr Bommel weiß überhaupt die feine Lebensart zu pflegen. Saß er während der Reise wegen seines schmerzenden Knies im Landauer, wurde er auch dort von seinem nebenher laufenden Burschen bedient. Gelegentlich ließ er auch seine Mitfahrer großzügig an seinen Köstlichkeiten teilhaben, während die einfachen Leut tagsüber mit einer Dauerwurst und einem gekochten Ei vorlieb nehmen mußten.

Aus dem Jounal der Holprigerin:

"Die erste Etappe des Tages durfte ich zusammen mit Madame Trotte und der reizenden Madame Christa im Landauer mit Herrn Bommel verbringen, dessen guter Hans uns mit Wein und allerlei Leckereien verwöhnte. Wir Damen quietschen vor Vergnügen über Herrn Bommels Späße."


Nun sind alle Strapazen vergessen – wie schnell das geht! - und die heterogene Gruppe, die für 5 Tage eine Gemeinschaft war, löst sich wieder auf und ein jeder geht seiner eigenen Wege.

 


 

Impressionen vom Anfangslager am Harländer Bach in Unterseilberg und vom Probepacken der Wägen:

 

 


Lagerabbruch und Aufbruch zum Treck, die heutige (erste) Etappe führt von Unterseilberg nach Schwendreut:

 

 


Zweiter Marschtag, Aufbruch in Schwendreut, Weg nach Haidmühle und naß-stürmischer Abend am Gasthof Strohmaier:

 

 


Der dritte Tag - mit sehr durchwachsenem Wetter - führt die Reisenden von Haidmühle durch den tschechischen Nationalpark zum Runenhof nach Schnellenzipf:

 

 


Am vierten Marschtag vom Runenhof nach Philippsreut, dann durch unbekanntes Gelände auf der Suche nach einem adäquaten Nachtquartier:

 

 


Eine kurze Etappe am fünften und letzten Marschtag, vom Mauther Badesee nach Finsterau:

 

 


Freilichtmuseum Finsterau:

 

 


Wir bedanken uns bei:

 

Den Kutschern mit ihren Begleitern, die sich blind auf dieses historische Abenteuer eingelassen haben und ohne die der Treck am Goldenen Steig nicht möglich gewesen wäre.

Und natürlich den Pferden, die so wacker ihre überladenen Fuhrwerke die Berge hinauf gezogen haben.

Georg Göttl vom Göttlhof in Grainet-Unterseilberg für die wertvolle Hilfe bei der Ausarbeitung der Route und für die Nutzung seiner Wiese am Harländer Bach als Anfangslager, mit üppigem Vorrat an Stroh, Heu und Brennholz.

Den Bürgern von Oberseilberg für die tolle Pause mit frischem Quellwasser und kühlem Bier, sowie allen anderen Menschen, die uns spontan beim Vorüberziehen an der Straße Getränke und sogar frisch gebackenen Kuchen angeboten haben.

Herrn Pauli von der Forstverwaltung Neureichenau für die Erlaubnis, in Schwendreut zu lagern.

Dem Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten - Zweigstelle Waldkirchen - für die Genehmigung, in Schwendreut auf offenem Feuer zu kochen.

Der netten Familie in Untertheresienreut, die uns bei der Pause großzügig mit Getränken bewirtet hat.

Familie Strohmaier vom Gasthof Strohmaier in Haidmühle für die Gewährung von Unterkunft für Mensch und Tier, die Nutzung von Toiletten und Duschen und die großzügige Öffnung von Stallung und Schmugglerklause, um uns während des nächtlichen Regens ein trockenes Plätzchen zu bieten.

Dem Edeka-Markt in Haidmühle, die unsere Lebensmittelbestellung aufgenommen und uns mit leckeren Forellen beliefert haben.

Herrn Štemberk vom tschechischen Nationalpark Šumava für die Öffnung der Schranke am Wanderweg, um den Durchzug der Fuhrwerke zu ermöglichen.

Walter Lausecker vom Runenhof in Schnellenzipf für die freundliche Unterstützung, den schönen Lagerplatz auf der Wiese und das Vorbuddeln unserer Latrine im felsigen Boden.

Dem freundlichen Herrn, der uns am Runenhof besucht und eine Alternativstrecke empfohlen hat. Er kam am nächsten Morgen vor unserem Start sogar noch mal vorbei, um mit uns noch einmal den besten Weg zu besprechen.

Der Gemeinde Mauth und ihrem Bürgermeister für die ungeplante und hervorragend improvisierte Übernachtung am Mauther Badesee, die rasche Besorgung von Heu für die Pferde und die Öffnung von Toiletten und Duschen am Bauhof.

Den Bürgern von Mauth, die uns spontan geholfen haben, sei es mit der Verlegung eines Wasserschlauchs, sei es mit Lieferung von Feuerholz und kühlen Getränken.

Dem Freilichtmuseum Finsterau und insbesondere Frau Herzig für den stilechten Zielort und die kostenlose Aufnahme von Mensch und Tier am letzten Wochenende.

Der Tafernwirtschaft „zur Ehrn“ im Museum für das leckere Rehragout.

Allen Teilnehmern für die tolle Stimmung und die helfenden Hände, wann auch immer wir sie gebraucht haben.

Insbesondere Kai Vahnenbruck für die Hilfe bei Pferdetransport und Aufbau und für die Übernahme der stressigen Rolle des Oberwagenmeisters.

Dirk Brundelius für die wichtigen Shuttle- und Scouting-Dienste. Er ist unsere Strecke bestimmt doppelt gelaufen.

Der Küche und ihren Helfern für die üppige und immer abwechslungsreiche Versorgung, selbst bei widrigsten Witterungsbedingungen.

Herzlichen Dank auch an alle Beteiligten für die großzügige Bereitstellung eurer Fotos!