Die Olduvai-Schlucht gilt – gemeinsam mit dem Afar-Dreieck in Äthiopien und Fundplätzen (u. a. Sterkfontein, Rising-Star-Höhle) in der südafrikanischen Provinz Gauteng – als die „Wiege der Menschheit“. International bekannt wurde sie durch den Fund zahlreicher pleistozäner Fossilien von frühen Verwandten des anatomisch modernen Menschen. Die Schlucht war zudem Namensgeber für die Oldowankultur, aus der die ältesten Steinzeitwerkzeuge stammen.
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Durch ablaufendes Regenwasser wurde nicht nur die Schlucht geformt, sondern es wurde über Hunderttausende von Jahren auch die gesamte Erdoberfläche im Umkreis der Schlucht allmählich abgetragen. Die seit bis zu zwei Millionen Jahren dort lagernden, versteinerten Überreste unterschiedlichster Tierarten liegen daher heute an vielen Stellen offen an der Oberfläche, u. a. riesige Verwandte unserer heutigen Schafe und Schweine. Dies veranlasste seit ihrer „Entdeckung“ durch europäische Forscher zu Beginn des 20. Jahrhunderts immer wieder Forschergruppen, dort gezielt nach Tierfossilien und bald auch nach Überresten früher Vormenschen-Arten zu suchen. Angeregt durch den Fund eines dreizehigen Urpferds durch den deutschen Neurologen Wilhelm Kattwinkel (1866–1935) im Jahr 1911 besuchte 1913 Hans Reck die Schlucht und entdeckte Teile eines rund 20.000 Jahre alten Skeletts von Homo sapiens (Sammlungsnummer OH 1 = Olduvai hominid 1). Aber erst Mary Leakey und ihrem Mann Louis sowie deren Sohn Jonathan gelangen ab 1931 tatsächlich sensationelle Funde: zunächst zahlreiche primitive Steinwerkzeuge, die heute als Oldowan bezeichnet werden, 1935 mit OH 2 ein Hominini-Fossil (eine Schädeldecke) und später diverse Funde u. a. von Paranthropus boisei, Homo habilis und Homo erectus.