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Die Republik Venedig nutzte schon immer den natürlichen Wasserweg des Po als Transportweg, um Waren aus Übersee ins italienische Hinterland zu schaffen. Allerdings gehörte der Po zum Herzogtum Ferrara, dem sich dadurch eine lukrative Einnahmequelle in Form von Wegezoll bot. Diesen Wegezoll sicherte sich Ferrara durch die Errichtung mehrerer befestigter Zollstationen, z.B. dem Kastell bei Stellata.

1482 erklärte Venedig dem Herzogtum Ferrara den Krieg, da die Serenissima Republica nicht mehr gewillt war, sich ihre Gewinne durch Zölle schmälern zu lassen. Außerdem erwuchs in Ferrara durch die Kontrolle über die Salinen von Comacchio ein ernst zu nehmender Rivale im Salzhandel, der durch einen Handelspakt eigentlich Venedig zugesichert worden war.

Venezianische Truppen fielen in den Staat der Herrscherfamilie Este ein, um die Küstengebiete des Flußes Po zu erobern und das venezianische Hoheitsgebiet ins italienische Hinterland auszudehnen. Die Flotte der Serenissima unter Befehl des Condottiere Roberto Sanseverino segelte von der Küste aus flußaufwärts und eroberte dabei Rovigo und das Podelta und erreichte schließlich Stellata, wo es von der Artillerie der Este aufgehalten wurde. So begann eine Belagerung, die letztendlich zur Kapitulation des Ortes Ficarolo auf der gegenüberliegenden Poseite führte.

Der Herrscher von Mailand Ludovico Sforza entsandte Truppen zur Unterstützung von Ercole d'Este. Deren Oberbefehlshaber Federico da Montefeltro, Herzog von Urbino, gelang die Bildung eines Brückenkopfes beim Kastell von Stellata. Von dort aus leitete er die Verteidigung der Gebiete des Herzogtums von Ferrara, bis er am 10. September 1482 einem Anfall von Sumpffieber erlag und die Rocca Potente unter dem Ansturm der Venezianer fiel.

Letztendlich konnte sich Venedig aber nicht behaupten und der als Salzkrieg in die Geschichte eingegangene Konflikt endete 1484 mit einem Sieg des Herzogtum Ferraras.


Anno Domini 2005 folgten wir dem Aufruf des Reichsaufgebots zur "Rocca Possente di Stellata" (wörtlich: „Mächtige Festung von Stellata“) am Ufer des Po.

Der kleine Gebäudekomplex ist eine von ehemals drei Festungen. Als Zollstationen - beidseits an den Ufern des Po und auf einer künstlich aufgeschütteten Insel in der Flußmitte - war zwischen den Festungen eine Kette gespannt, die vorbeifahrenden Schiffen den Weg versperrte. Erst nach Entrichtung eines Wegezolls wurde die Kette gelockert und auf den Grund des Flußes abgesenkt, so daß die Schiffe passieren konnten.

Also: Eigentlich waren wir zum Kämpfen da...

Unser Lager - wie gewöhnlich mit enormem Frauenüberschuß - stellte 2 Kombattanten: Schütze Wolfram und Hellebardier Bert. Beide waren sehr bemüht, eine gute Figur zu machen.


Generell muß man feststellen: Mit leerem Magen ist schlecht kämpfen....

Die "Haubentaucher" stellten beim Reenactment des Salzkriegs im Jahr 2005 die Feldküche des Reichsaufgebots und verpflegten die gesamte von Deutschland nach Italien angereiste Söldnertruppe.

Bei Ankunft in Stellata stellten wir fest, daß als Lagerplatz ein lichtes Pappelwäldchen fast unmittelbar am Po - hinter dem Damm - vorgesehen war. Instinktiv haben wir in dem flachen Gelände unser Lager auf der einzigen kleinen Erhebung errichtet. Kein Problem, eigentlich - im August regnet es in Italien in der Poebene nie, wurde uns glaubhaft versichert.

Und dann kam der Wolkenbruch... Eine ganze Nacht lang hat es geschüttet wie aus Kübeln, wir hatten eine stehende Wassersäule auf dem Zelt, die sich als Sprühregen im Inneren verteilte. Wir zogen erst mal draußen die Sturmleinen und Zeltverspannungen fest und dann im Bett die Decke über den Kopf. Als wir am nächsten Morgen aus dem Zelt sahen, hatte sich das Lager in eine Seenlandschaft verwandelt. Nur die deutschen Zelte standen auf einer kleinen trockenen Insel - die 10 cm Höhenunterschied haben gereicht, um uns trockene Füße und vor allem trockene Vorräte zu erhalten. Fasziniert konnten wir - wohlig eingehüllt in Wollumhang und Gugel - zuschauen, wie die restlichen Teilnehmer Gummistiefel und Regenponchos auspackten und versuchten, ihre Schäflein wieder ins Trockene zu bringen. Glücklicherweise war es tatsächlich nur Regenwasser, der Po ist brav in seinem Bett geblieben...

Gute nachbarschaftliche Beziehungen konnten wir zu einem nahe gelegenen italienischen Lager aufbauen, die uns auffielen, weil sie sich mit der gleichen Hingabe den kulinarischen Freuden widmeten - die "italienischen Haubentaucher", sozusagen. Nach anfänglicher Scheu ob der Verständigungsschwierigkeiten war das Eis schnell gebrochen. Delegationen gingen hin und her zwischen den Lagern, mit delikaten Speisen zum Probieren, die Köchinnen bewunderten gegenseitig ihre Hausratsschätze und zum Abschied bekamen wir für unsere Hunde den Kopf des Spanferkels, das 2 Tage zuvor liebevoll zubereitet worden war. Einen ganzen Tag lang drehte es sich am Spieß, unermüdlich von wechselnden Spießdrehern sanft bepinselt, forsch eingestrichen oder schwungvoll mit einem in Fett getauchten Rosmarinzweig gesegnet - je nach Temperament des Küchengehilfen. Als das Schwein endlich fertig war, wurde zum Sturm auf die Festung gerufen. Unsere italienischen Freunde aber ließen den Krieg Krieg sein und widmeten sich lieber ihrem knusprigen Schweinchen. Ja, diese Leute sind uns äußerst sympatisch!


Am letzten Tag der Veranstaltung überreichte uns die Köchin eines italienischen Nachbarlagers den Kopf eines Spanferkels, das zwei Tage zuvor verzehrt worden war, damit wir unseren Hunden eine Freude machen konnten. Der leckere Schweinekopf wurde unter den aufmerksamen Blicken von Leo und Rino in zwei Stücke zerteilt und verfüttert.

Leos vernünftiges Frauchen nahm ihrem Hund den Schweinekopf nach einer halben Stunde ab, um ihn zu entsorgen. Wir brachten das nicht übers Herz und Rino durfte im Lauf des Tages den halben Schweinekopf auffressen. Das hat sich allerdings am folgenden Tag böse gerächt...

Auf der Heimfahrt war der Schweinekopf soweit verdaut, daß sich Rino in ein pupsendes Monster verwandelt hatte. Wir saßen zu fünft in unserem Bus - 3 Leute auf der Rückbank - und alle paar Minuten kam von hinten der erstickte Schrei: Fenster auf!

Nie wieder Schweinekopf...