Freitag, der 13. April 2012, Bert ist auf dem Heimweg von der Arbeit, als er bei Bertoldsheim an zwei Wanderreitern einschließlich Packmuli vorüberfährt. Neugierig geworden, parkt er das Auto und spricht die Fremden an. Die Antwort kommt auf Englisch...

Aus Frankreich kommen die beiden und nein, sie haben noch kein Quartier für die Nacht. Bert lädt sie zu uns ein und erklärt ihnen den Weg nach Ammerfeld.

Zu Hause angekommen, kündigt mir Bert den bevorstehenden Besuch von insgesamt 20 Beinen an: 2 Menschen, 2 Pferde, 1 Muli, 1 Hund - o Schreck! Wir putzen und satteln im Eiltempo Molly und Gilette, Rufus wird in der Box eingesperrt, während wir den Wanderern entgegenreiten. Wir treffen uns in Trugenhofen, dann traben wir aber wieder voraus, um daheim die Dinge ein wenig für ihren Empfang herzurichten. Der kleine Trupp ist so schnell zu Fuß, daß wir ihnen auch im Trab kaum entkommen! Gerade noch können wir unsere Pferde absatteln und zu Rufus in die Box sperren, da sind sie auch schon da.

Pauline und Julien heissen die beiden, sie kommen aus der Bretagne und sind dort im Januar losgeritten. Sie haben sich aufgemacht zu einem richtigen Europa-Rundritt, von Deutschland aus soll es weitergehen nach Tschechien, Slowakien, Ungarn, Rumänien, dann im Süden zurück über Albanien, Bulgarien, Griechenland, mit der Fähre nach Italien und von Südfrankreich her wieder nach Hause. Anderthalb Jahre nehmen sie sich dafür Zeit - Respekt vor ihrem Mut!

Sie sind bestens ausgerüstet, die Sättel hat Zimmermann Julien sogar selber konstruiert, ein ausgeklügeltes, bis ins kleinste Detail durchdachtes Packsystem. Das Sitzkissen des Sattels ist zum Beispiel nicht fest angebracht, sondern es besteht aus einem mit einem Reißverschluß versehenen passend geformten Ledersack, der am Sattel nur festgegurtet wird - darin wird die Kleidung untergebracht.

Zelt und Extrem-Schlafsack bleiben in dieser Nacht aber verpackt, denn bei uns bekommen Pauline und Julien ein richtiges Bett im Gästezimmer, Dusche, Waschmaschine und Wäschetrockner, und am nächsten Morgen eine kurze Einkaufstour mit dem Auto, damit sie nicht unterwegs einen Supermarkt suchen müssen. Hündin Senga muß sich mit Rino und Maja arrangieren, Muli Lilas und die Pferde Fleur und Relco verbringen die Nacht auf unserer Koppel und sind froh, sich ohne Sattel und Geschirr frei bewegen zu können.

Am Abend unterhalten wir uns noch über die weitere Route. Wir empfehlen den beiden, das Donautal zu verlassen und von hier aus über das Wellheimer Trockental zur Altmühl zu reiten und dort dem Main-Donau-Kanal zu folgen, bis sie in Kelheim wieder auf die Donau und ihre ursprüngliche Route treffen. Das ist landschaftlich wirklich viel reizvoller... Topographische Karten 1:50.000 haben wir ihnen mitgegeben, denn ihr eigenes Kartenmaterial war ziemlich erbärmlich: eine Straßenkarte so etwa 1:250.000 - es ist uns ein Rätsel, wie man sich da mit dem Pferd zurechtfinden und vor allem den größeren Straßen aus dem Weg gehen kann...

Als Pauline, Julien und ihre Tiere am Samstag unseren Hof verlassen - deutlich später als vorgesehen, denn das weiche Bett war sehr verlockend - schauen wir ihnen ein bißchen wehmütig und ein bißchen neidisch hinterher.

Bon voyage, Pauline & Julien!

 


 

Nachtrag:

Eine gute Woche später erhielten wir Post von Pauline und Julien: sie haben uns die Wanderkarten zurückgeschickt. Die beiden sind mittlerweile in Bodenmais kurz vor der tschechischen Grenze angekommen, alle sind wohlauf und vergnügt.