Article Index

Die Räuberbande aus dem Mainhardter Wald war etwas Besonderes, denn sie zählt mit 60 Mitgliedern zu den größten Räuberbanden in Süddeutschland in dieser Zeit. Die meisten Delikte waren wohl kleinere Diebstähle. Der treibende Grund war einfach der Hunger vor dem Hintergrund des wirtschaftlichen Niedergangs im Mainhardter Wald.

Die meisten Bandenmitglieder waren ärmere Leute: Holz- und Schindelmacher, Besenbinder und Köhler. So findet sich oftmals unter den aktenkundigen Vergehen der Diebstahl von Kartoffeln, Gänsen und anderen Lebensmitteln, die entweder selbst verzehrt oder verkauft wurden. Auch der Viehdiebstahl spielte eine große Rolle. Die Räuber profitierten von ihren Beziehung in ihren Gemeinden, die gestohlenen Güter mussten ja verkauft werden. Ein Teil der Bestohlenen deckte sogar die Täter. So zogen einige Opfer, denen Vieh gestohlen worden war, schließlich ihre Aussage zurück und behaupteten es sei ein Missverständnis gewesen.

Die Anführer der Bande waren im Unterschied zur Masse der Bandenmitglieder wohlhabende Leute ihrer Gemeinden. Der führende Kopf war wohl Johann Heinrich Weiß, der als Wirt, Zöllner und sogar Richter in Mainhardt lebte. Aber auch der Wirt und Zöllner von Bubenorbis Hanns Jörg Ruth und der Sternenwirt Vögele aus Mainhardt gehörten zu den Köpfen der Räuber. Neben diesen Wirten führte Conrad Wieland, genannt Gögelstrobele, die sogenannte Gögelhöfer Rotte, bei welcher es sich um einen Familienclan handelte. Als respektable Leute fielen diese Wirte niemandem auf. So suchte der Sternenwirt selbst im Stall eines Bauern in Ziegelbronn das Kalb aus, welches am nächsten Tag gestohlen werden sollte. Als die Räuber nach Mainhardt in sein Wirtshaus zurück kamen, war bereits der Kessel aufgesetzt worin das Kalb zubereitet und somit das wichtige Indiz vernichtet wurde. Vor allem Weiß kannte sich in seiner Funktion als Richter in Böhringsweiler hervorragend aus, was den Transport von Geld durch das Gebiet anbelangte. Die Häuser der Anführer dienten als Versammlungsort. Der häufigste Treffpunkt war die Gegend am Michelfelder Landturm unweit vom Steigengasthaus.

Die Räuber kamen nicht nur aus unterschiedlichen Dörfern und Weilern, sondern auch aus verschiedenen Staaten, was die Verfolgung sehr erschwerte. Die Straftaten wurden zumeist nicht im heimatlichen Land, sondern bei einem angrenzenden Reichsstand oder sogar weit entfernt von ihrem Herkunftsgebiet verübt. Die Amtmänner und anderen zuständigen Behörden unterstützen sich kaum gegenseitig bei der Verfolgung der Delikte. Auch wenn immer wieder gemeinsame Streifen, beispielsweise im gesamten Schwäbischen Reichskreis, unternommen wurden, blieb doch oft eine Art von Amtshilfe aus.

Eher durch Zufall flog die Bande auf. Am 27. April 1772 wollte eines der Mitglieder der Gögelhofer Rotte namens Johann Martin Haas in Olnhausen an Christian Megerlen gestohlenen Dinkel verkaufen. Doch beließ es Haas nicht bei dem Handel, sondern stahl bei der Gelegenheit aus der Kammer seines Kunden ein Hemd, das er sich gleich überzog und eine Flinte. Auf dem Heimweg wurde Haas ergriffen und in Neuhütten verhört. Haas nannte sich geistesgegenwärtig Martin Schmidgall – ein Vorgehen, das ehedem schon Erfolg gehabt hatte. Aber diesmal nahmen die Hohenlohe-Neuensteiner Beamten Kontakt mit den Zuständigen im württembergischen Möckmühl auf. Eine „Special-Inquisition“ – also eine Art Sonderermittlungskomission – wurde gebildet und nachdem man von Haas durch Folter einige Namen heraus gepresst hatte, wurden vor allem in Möckmühl und Maienfels ein Verdächtiger nach dem anderen inhaftiert und unter der Folter zahlreiche Bandenmitglieder überführt. 19 von ihnen wurden schließlich zum Tode verurteilt.

Die unterschiedlichen Verhältnisse nutzend floh der Räuberhauptmann Johann Heinrich Weiß ins württembergische Möckmühl, weil dort - anders als im heimatlichen Mainhardt, das hohenlohisch war - nicht zu befürchten war, dass er in einer Befragung als Verdächtiger die Folter zu fürchten hatte. Das führte unter anderem dazu, dass man von ihm kein Geständnis erlangte, sondern man ihm nur Betrug mit als zu klein befundenen „Bouteilline“ nachweisen konnte und das obwohl ihn der Freiherr von Gemmingen-Maienfels als „Spitzbuben Vatter“ bezeichnete. Auch zwei weitere besser situierte Bandenmitglieder, der Wirt Vögele aus Mainhardt und der Metzger Zimmer aus Reisach, kamen zwar auf eine Liste der Räuber, wurden aber nicht wegen ihrer Taten in der Räuberbande bestraft.

Eine zeitgenössische Zeitung berichtete recht anschaulich von dem Umfang der Massenhinrichtung in Pfedelbach. So seien dort „viele 1000 Zuschauer“ zugegen gewesen. Angesichts der Brisanz und des Menschenauflaufes sollen aus Bartenstein 35 Husaren und aus Öhringen „starke Mannschaft“ angerückt sein.

(Text nach dem Aufsatz über die Mainhardter Bande von André Hanselmann)


oben: Die Hinrichtung des Matthias Klostermayr, genannt „der Bayerische Hiasl“ 1771 in Dillingen an der Donau – ähnlich muss man sich den Menschenauflauf bei der Massenhinrichtung der Mainhardter Bande in Pfedelbach vorstellen (Stich von J.G. Will, Augsburg, 1771)



Der Fuhrmann Archus Bonschab und seine Frau Anna Maria, die Reliquienhändlerin, haben ein neues Domizil. Sie müssen nicht mehr im kalten Stall schlafen, sondern haben vom Gastwirt Gunkel endlich einen ordentlichen Raum im Steigengasthof gemietet, direkt neben dem Tanzsaal.

 




Fotos der Devotionalien: Henrike Schwark

Der Gunkel und seine neue Nachbarin.

Im Wirtshaus herrscht immer reger Betrieb. Die Küche hat alle Hände voll zu tun.

 


Die Gaststube ist voll. Das Personal mehr oder weniger eifrig.

 


Der Jüdische Hausierer Shlomo Floimboim ist auch ein stets willkommener Gast im Steigengasthof - ziehen seine seidenen Bändchen und glitzernder Tand doch die Weibspersonen magisch an. Da profitiert auch der Wirt davon, denn nach dem Einkauf wird zumeist auch noch etwas verzehrt.

 



Bei seiner täglichen Fahrt über die Grenze vom Hohenlohischen ins Württembergische muß das Fuhrwerk die Zollstation in Bubenorbis passieren.
Am Schlagbaum diskutiert der Zöllner bereits mit zwei Damen, die von Räubern überfallen worden sind und deren gesamtes Reisegepäck gestohlen wurde.
Bonschab muß sich brav hinten anstellen, und wenn es noch so pressiert.

 
Der Zöllner
(Foto: Michael Paulick)
  Der Fuhrmann fährt in die Zollstation ein.
(Foto: Michael Paulick)


Bei der Durchsuchung des Fuhrwerks findet der Zöllner dann auch noch zwei Flaschen Schnaps und einen Sack Kaffee, versteckt unter dem Sitz - Schmuggelware!
Der Fuhrmann kann sich zuerst keinen Reim darauf machen. Empört weist er die Anschuldigungen des Zöllners zurück.
Da dämmert ihm plötzlich, daß seine junge Nichte sich seit ein paar Wochen förmlich darum reißt, ihm die "schwere Arbeit abzunehmen" und das Fuhrwerk zu beladen...
Nach ein paar kräftigen Ohrfeigen gibt sie ihre Schandtat zu - ihr Liebster braucht das Geld, sonst muß er zum Militär.

 
Der Fuhrmann hat seine schmuggelnde Nichte gezüchtigt.
(Foto: Michael Paulick
  Der Zöllner ist nachsichtig.
(Foto: Stefan Winter)


Der Zöllner läßt Gnade vor Recht ergehen und sperrt das dumme Kind nicht ein, zumal ihm der Fuhrmann verspricht, daß es zu Hause noch einmal ordentlich Stockhiebe setzen wird.

Nun ist der Fuhrmann - obwohl er den ehrbaren Posten des Grabenreiters (Polizist) inne hat - aber kein Kind von Traurigkeit...
Er pflegt durchaus freundschaftlichen Umgang mit den Räubern und macht zuweilen gemeinsame Sache mit den Spitzbuben.

 


So ziehen sie noch in derselben Nacht los, um selbigen Zöllner zu überfallen und seine wohlgefüllte Schatulle ein wenig zu erleichtern. Aber - oh weh - bei einem Besuch im Wirtshaus erkennt der Zöllner den Grabenreiter als einen der Täter! Glücklicherweise kann das aber nicht nachgewiesen werden und so bleibt es bei bösen Worten und ein paar Rempeleien.

Der Räuber begehrt des Zöllners wohlgefüllte Schatulle.   "Aber meine Herren, das muß eine Verwechslung sein."
 
Foto: Michael Leyendecker   Foto: Lena Neuffer




Am Sonntag nach der Andacht - in der es vor allem um die schreckliche Mäuseplage geht, die die Bevölkerung zur Zeit heimsucht - feiern die Dorfbewohner eine kleine Kirmes.

 


Es wird gesungen und getanzt. Die Köchin frittiert draußen auf dem Hof leckere Germringe. Verschiedene Spiele sorgen für Kurzweil, zum Beispiel der Wettlauf der Mägde um den begehrten Preis: ein Paar Ohrringe.

 
Für das leibliche Wohl ist gesorgt
(Foto: Zeitenhandel)
  Der Wettlauf der Mägde
(Foto: Zeitenhandel)


Höhepunkt aber ist das Ringelstechen mit dem Pferdekarren. Einer nach dem anderen versuchen sich die Knechte: einmal im Schritt, dann im Trab und die dritte Runde im Galopp.
Unter den Knechten ist auch manch einer, der gestern Abend noch vermummt und mit der Flinte in der Hand auf Abwegen war...
Sogar Shlomo Floimboim, der jüdische Händler, versucht sein Glück, allerdings ohne Erfolg.

   
Ist das nicht einer der Spitzbuben?   Shlomo versucht sein Glück.   Souverän räumt die eigenwillige Nichte des Fuhrmanns alle Ringe ab.



Zuletzt steht die unglückselige Fuhrmannsnichte auf, die ihre Prügel offenbar gut verkraftet hat. Der Bonschab hat auch nicht allzu fest zugeschlagen, denn im Grunde seines Herzens war er stolz auf die Kleine. Lediglich daß sie ihm nichts davon gesagt hat und vor allem daß sie ihn nicht am Gewinn beteiligt hat, das hat ihn gewurmt. Keck stellt sie sich als einzige Weibsperson hinten auf den Karren, der Onkel lacht und fährt los. Und sie ist so geschickt, daß sie alle Ringe abräumt, im Schritt, im Trab und im Galopp! Da machen die Knechte aber Augen, als sie den Preis - ein feines seidenes Halstuch - entgegen nimmt.
FILM VOM RINGELSTECHEN

BILDERGALERIE Vergnügungen: Germringe / Wettlauf der Damen / Ringelstechen (Copyright: Zeitenhandel / Daniel von den Woldenberg):



BILDERGALERIE (Copyright: Lena Neuffer):


BILDERGALERIE (Copyright: Michael Leyendecker):


Outtakes (Fotos: Stefan Winter):

   

 
Auch wenn die Museumsbesucher auf den Fotos kaum zu sehen sind - ein Lob an die geschickten Fotografen - war die Veranstaltung trotz größtenteils schlechten Wetters gut besucht und unsere Aktionen kamen auch beim Publikum gut an.