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Ostern 1622 – Das Bier kommt nach Hall…


Das Hohenloher Land war im frühen 17. Jahrhundert ein Weingebiet, Bier wurde so gut wie gar nicht getrunken.

Die Witterungsbedingungen im Herbst 1621 bescherten den Hohenlohern eine extrem schlechte Weinernte, was zu einer enormen Teuerung führte. Die Preise stiegen auf ein Vielfaches, der Wein kostete teilweise das Zehnfache des Vorjahres. Das konnte sich kaum mehr jemand leisten. Daher beschloß der Rat der Stadt Hall, einen Bierbrauer aus Dinkelsbühl anzuwerben.

Seit 1622 gab es also eine kleine Brauerei im Hohenloher Land.

Allerdings hat sie sich nur wenige Jahre gehalten. Als die Weinernte in den folgenden Jahren wieder besser ausfiel, kehrten die Hohenloher reumütig zum gewohnten Rebensaft zurück.




In dieser Situation finden wir also unseren Bauern, den Gunkel, nebst Familie und Freunden. Er hat die Gunst der Stunde genutzt und sein Bauernhaus flugs zur Wirtschaft apostrophiert.
Zu Ostern gibt es Freibier für das Gesinde, die Reisenden und die Händler aus der Nachbarschaft (und für die Besucher des Freilandmuseums).

Das Bier war übrigens eine großzügige Spende des Haller Löwenbräus.
Die kleine Spendenkasse bei den Fässern enthielt nach der Veranstaltung € 1250,-, was nach Absprache mit der Brauerei und dem Museum an die Ukrainehilfe weitergeleitet wird.

Herzlichen Dank auch an die Fotografen Hildegund Bemmann, Stefan Winter, Ulf Dahm und Herbert Mayer für die Erlaubnis, ihre Bilder neben unseren eigenen in diesem Artikel zu verwenden.

Einen toll zusammengestellten Film von Stefan Winter findet ihr HIER.

 





Der Bauer Gunkel mit Weib und Kindern

   



Des Bauers Mutter, eine famose Bäckerin

 



Großmagd Christina und ihr Mann, der lange Andi

 



Kleinmagd Johanna und Thomas, der Feuerknecht

 



Der Fuhrmann mit Weib und Nichte

 



Der Rittmeister Georg Rauchhaubt aus Untermünkheim, der die einquartierten Söldner überwacht und für deren Disziplin sorgen soll

 



Die Söldner

 



Die Händler aus Sachsenflur

 



Die Apotheker aus Köln

 



Die Kleinbauern aus der Nachbarschaft



     





Gründonnerstag


Die Fuhrleute treffen in Zaisenhausen ein, wo sie die Ostertage beim befreundeten Bauern Gunkel verbringen werden. Trotz religiöser Differenzen - der bayerische Fuhrmann ist katholisch, der Hohenloher Bauer natürlich reformiert - vertragen sich die Familien recht gut. Sie treiben schon seit langen Jahren Geschäfte miteinander und bislang konnte der grausame Konfessionskrieg keinen Keil zwischen sie treiben.

Diesmal bringt Archus Bonschab seine 13jährige Nichte Luisa mit, die langsam einen Einblick in das Fuhrgeschäft bekommen soll. Da die Ehe von Archus und Anna Maria kinderlos geblieben ist, wird Archus' Schwestertochter Luisa als einzige Erbin wohl einmal die Fuhrhalterei übernehmen.



Mit der ältesten Gunkeltochter Amalia hat sich Luisa Bonschab im Handumdrehen angefreundet. Das ist ganz im Sinne der Fuhrmannsfrau - so geht die freundschaftliche Beziehung gleich in die nächste Generation. Persönliche Beziehungen sind wichtig für ein erfolgreiches Geschäft...


Interesssante Leute trifft man des Abends im Gunkel'schen Wirtshaus. Ein Apothekerpaar aus Köln - ebenfalls katholischen Glaubens - verbringt hier eine Nacht, um am folgenden Tag weiter ins nahe gelegene Sachsenflur zu reisen. Was sie ausgerechnet dort zu schaffen haben, bleibt ihr Geheimnis. Aber der Apotheker Rügenwalder spendiert dem Bauern, dem Fuhrmann und der jungen Nichte ein Pfeifchen mit bestem virginischen Tabak. Er schwört darauf, daß das Tabakrauchen einen exzellenten Einfluß auf die Gesundheit hat.

 



Karfreitag

Die Apotheker bieten am Vormittag vor ihrer Weiterreise diverse Salben und Kräuterextrakte feil und erklären den staunenden Mitbewohnern die Funktionsweise ihres Alambik. Währenddessen bereitet die Großmagd schon den Fisch für das Karfreitagsessen vor.


Dann wird endlich eins der Bierfässer angestochen. Wie? Am heiligen Karfreitag? Egal, der Fisch muß schließlich schwimmen...

Der Fuhrmann Archus Bonschab transportiert derweil den Hausrat eines heimkehrenden reisenden Händlers nach Sachsenflur. Luisa reitet mit und beobachtet ganz genau, wie ihr Onkel das Geschäft abwickelt. Zwar hat der Händler keine Silbermünzen, aber er entlohnt die Fuhrleute mit hochwertigen Waren: Nähnadeln und Haken und Ösen - das braucht man immer!


Kaum zurück nach Zaisenhausen, muß der Fuhrmann gleich wieder aufladen und die Apotheker mit ihrer gesamten Ausstattung ebenfalls nach Sachsenflur bringen. Vom Schmelztiegel bis zum Federbett, alles wird auf dem Karren verzurrt. Allerdings passen der Apotheker und sein Weib nicht mehr mit auf das Fuhrwerk. Sie begleiten den Bonschab zu Fuß - es ist ja nicht so weit nach Sachsenflur - und einige besonders empfindliche Stücke tragen sie lieber selber. Sie haben wohl schon schlechte Erfahrungen mit anderen Fuhrunternehmen gemacht - dabei sind ihre kostbaren Töpfe, Tiegel und Gläser bei Archus Bonschab und seinem erfahrenen Karrenpferd Rufus sicher wie in Abrahams Schoß.


Die Hausgemeinschaft - bestehend aus der Bauersfamilie und ihrem Gesinde, den Fuhrleuten und den einquartierten Söldnern - laben sich an dem von der Großmagd superb zubereiteten Lachs und Salzhering. Die so unterschiedlichen Menschen verbringen den Abend bei angeregten Gesprächen in der gemütlichen Stube. Eine wunderbare Vollmondnacht rundet die Idylle ab und läßt den Tag friedlich ausklingen.


 


Samstag

Über Nacht sind die Temperaturen ziemlich gefallen und der Samstagmorgen ist bitterkalt. Auf dem Gemüse am Arbeitstisch der Großmagd zeigt sich Reif und als der lange Andi ein Ei aufschlagen will, stellt er fest, daß es gefroren ist. Luisa freut sich, daß sie das Kohlebecken der alten Gunkelin benutzen darf, um ihre eisigen Füße ein wenig anzuwärmen.


Wirt Gunkel und Fuhrmann Bonschab schaffen weitere Bierfässer heran, denn im Laufe des Tages verspricht das Wetter besser zu werden, der Wind legt sich und die Sonne kommt heraus, um ihr segensvolles Werk zu vollbringen. Bei Sonnenschein werden die Leute aus der Umgebung sicher in Scharen kommen, um das Bier zu verkosten.


Die Händler aus Sachsenflur kommen herüber mit vollgepackten Kraxen, um ihre Waren feil zu bieten. Kleidung, Schuhe, aber auch Töpfe, gedrechselte Teller und diverse Nähutensilien breiten sie auf einer Decke vor sich aus. Sie werden bei dem Menschenandrang mit Sicherheit gute Geschäfte machen. Zufrieden beobachtet auch der Gunkel das muntere Treiben und vor allem die zahlreichen Münzen, die in seinen Säckel fallen...

 


Die Söldner exerzieren ein wenig, verbringen aber die meiste Zeit beim Würfelspiel...

 


Die Mutter unseres Bauern verbringt praktisch den ganzen Tag am Backhaus. Hier entsehen Dutzende Brotlaibe und leckeres Osterbrot für das Frühstück morgen, am Ostersonntag.


...und da heute nicht mehr Karfreitag ist, darf am Abend in der Wirtsstube nach Herzenslaune gesungen und gezockt werden!

 



 



Ostersonntag

Auch am Ostersonntag muß Bauer Gunkel erst einmal in den Stall, um seine Rindviecher zu versorgen. Alle anderen sitzen schon mit gierigen Blicken um den festlich angerichteten Frühstückstisch, aber keiner traut sich etwas zu nehmen, bevor nicht das Familienoberhaupt anwesend ist und das Mahl eröffnet. Vor allem für die Kinder ist das eine schwere Prüfung, gibt es doch tolle gefärbte Eier.

 



Mit großem Ernst zelebriert der Gunkel im Anschluß an das Frühstück die Osterandacht. Die Damen tragen ihre festlichsten Gewänder. Die Bonschabin hat sich ordentlich herausgeputzt mit Silberknöpfen und Biberfellhaube und die Gunkelin hat ihre große Mühlsteinkrause umgelegt.



Nach der Andacht ruft die Pflicht, die Söldner ziehen Richtung Sachsenflur, um eine Wegsperre zu errichten. Rittmeister Rauchhaubt wacht mit scharfen Augen darüber, daß die Soldaten sich benehmen und nicht übergriffig werden. So bleiben auch die katholischen reisenden Apotheker unbehelligt.

 


Am Abend treffen alle Hausgenossen wieder zum festlichen Osterschmaus zusammen. Drei leckere Enten, gefüllt mit Äpfeln und Zwiebeln, auf einem Gemüsebeet aus verschiedenen Möhren und Pilzen, durften eine gute Stunde lang im Backhaus schmoren. Die Vögel sind fein gewürzt, saftig und triefen vor Fett. Da läuft einem beim Schreiben grad wieder das Wasser im Maul zusammen!

 



 

 


Ostermontag

Auch an diesem Morgen finden sich nach und nach alle Hausgenossen bei noch frostigen Temperaturen vor dem Haus ein, um die ersten wärmenden Sonnenstrahlen zu geniessen. Dann wird gemeinsam das Frühstück eingenommen.

 


Bauer Gunkel hält wieder eine ergreifende Andacht mit viel Gesang [FILM].
Allerdings sind nicht alle Teilnehmer so andächtig, wie es dem hohen Feiertag angemessen wäre. Da wird tatsächlich in den hinteren Bänken gewürfelt!

Anschließend stattet der Gunkel dem Apotheker einen Besuch ab und läßt sich fachkundig schröpfen.

 



Die Bonschabin hat offenbar an dem Würfelspiel gefallen gefunden und läßt sich jetzt von den Söldnern auch noch in die sündige Welt der Spielkarten einführen. "Karnöffel" heißt das Spiel.

 

Mild und sonnig schreitet der Ostermontag voran. Viele Leute aus der Gegend kommen herbei geeilt, weil es sich herumgesprochen hat, daß der Gunkel Freibier ausschenkt.

Die Damen aus Zaisenhausen, Gunkelin senior und junior, spielen zum Tanz auf und leiten den fröhlichen Reigen an.

   



Die Söldner exerzieren ein letztes Mal, bevor sie weiter ziehen.




Auch der Fuhrmann packt zusammen, denn nun gilt es, wieder nach Hause zu reisen.