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Anreise vom Ries ins Hällische

Am Montag dem 17. August 2015 packen wir Rufus und Gilette, den für den Transport in seine Einzelteile zerlegten Karren und unser Gepäck für unterwegs in den Bus/Pferdeanhänger und fahren nach Dirgenheim, das ist bei Kirchheim am Ries. Hier ist der Startpunkt unserer dreitägigen Fahrt nach Wackershofen.

Etwa 78 km haben wir zu überwinden, davon knapp 26 km am ersten Tag, 30 km am zweiten und nur etwas mehr als 22 km am letzten Tag.

Dirgenheim ist praktisch in Sichtweite von Nördlingen, etwa 8 km entfernt. Der Nördlinger "Daniel" schimmert, gerade noch erkennbar, durch den Nebel hervor.

Der Wetterbericht meldet leichten Regen für den ganzen Tag. Wir haben unseren Karren mit zwei Metallbögen und darauf fixierten Stangen ausgerüstet, so daß wir eine Leinenplane darauf befestigen können. Wir haben aber Glück und es wird gar nicht nötig, den Karren zum Planwagen zu gestalten. Trotzdem dauert es ewig, bis alles fertig zusammengebaut ist und wir kommen erst am späten Vormittag in Dirgenheim los.

Dafür ist schon nach 100 Metern die erste Reparatur fällig: die Schrauben an den Anzen sind locker und müssen festgezogen werden. Aber wo ist das Werkzeug? Oh, hoppla, das liegt noch im abgestellten Bus - also alles zurück auf Anfang, zum Auto zurücktraben, Werkzeug holen, Schrauben festdrehen und dann Start, die Zweite.

Rufus trabt munter drauf los, Bert sitzt auf dem Kutschbock, ich hinten auf dem Karren und Gilette läuft am Strick hinterher. Bald schon manifestiert sich das nächste Problem: die Wagenräder eiern. Die Räder waren durch den vielen Gebrauch und die Trockenheit locker geworden, Bert hatte sie vor der Tour erst zu reparieren versucht, indem er zwischen den Holzsegmenten und dem Eisenreifen schmale Eschenstreifen eingesetzt hatte, damit die Speichen wieder Spannung bekommen. Nun hat der Druck aber die Speichen nur tiefer in die morsche Radnabe hineingedrückt und es ist wieder alles wackelig. Wir fürchten, daß wir nicht heil in Wackershofen ankommen werden. Ab jetzt jedenfalls: äußerste Vorsicht, nur noch Schritt gehen, schiefe Wege meiden oder zumindest Gewicht vom Karren nehmen, sprich absteigen und laufen...

Am Rand des Rieses liegt Schloß Baldern als weithin sichtbare Landmarke auf einem Hügel über den Feldern und Wäldern. Der Anblick - vor uns, neben uns, hinter uns - begleitet uns einen großen Teil unserer heutigen Strecke. Bert läuft praktisch die ganze Strecke zu Fuß, ich darf auf dem Wagen sitzen bleiben, außer an besonders abschüssigen Stücken. In Hochgreut werden wir umringt von mehreren Rinderherden unterschiedlicher Altersgruppen auf den umliegenden Weiden. Einige Male können wir den vorher daheim ausgesuchten Weg nicht gehen, weil er zu eng ist, gesperrt ist oder schlichtweg gar nicht existiert. Dank Berts Tablet und Google Earth sind aber immer schnell Alternativen gefunden. In puncto Navigation verlassen wir uns lieber auf unsere moderne Technik. Kurz vor dem Ziel überqueren wir die Autobahn A7 und heute übernachten wir auf einem Reiterhof/Ferienhof in Eigenzell bei Ellwangen.

Um den Karren etwas zu schonen, reite ich am nächsten Morgen erst einmal auf Gilette, zumindest die halbe Etappe, ohne Sattel, da wir diesen schon ins Museum gebracht hatten. Gleich zu Beginn der Tagesetappe, oberhalb von Ellwangen, haben wir einen wunderschönen Blick hinunter auf idyllische Täler.

Der Weg führt durch eine liebliche Landschaft, am Fischbachsee entlang, aber auch viel auf Forstwegen durch den Wald. Es gibt einige Hindernisse zu überwinden auf unserem Weg: umgefallene Bäume, Wegsperrungen/Verbotsschilder, zugewucherte und bucklige Rückewege...manchmal grenzt es schon an ein Wunder, daß Bert unsere scheppernden wackeligen Wagenräder da überall unbeschadet durchmanövriert hat.

Als ich von Gilette nach dreieinhalb Stunden absteige, hat sie ordentlich geschwitzt und meine Unterwäsche ist tropfnaß. Zum Glück habe ich frische Wäsche zum Wechseln in der Gepäckkiste auf dem Karren. Die lange Unterhose - nicht authentisch, aber beim Reiten sehr angenehm - hänge ich zum Trocknen am Karren auf. Wir kommen daher wie die Vagabunden, sicher ein malerischer Anblick, aber wir ernten auch ein paar mißtrauische Blicke.

Eine erholsame Mittagspause gönnen wir uns dann an einem kleinen Weiher bei Hummelsweiler. Bert spannt Rufus aus, füttert und tränkt die Pferde, wässert auch die Wagenräder und hofft, daß sie schnell quellen und wieder fester werden.

Im Nachbarort Vorderuhlberg treffen wir auf eine lustige Geburtstagsgesellschaft beim Spaziergang, wir unterhalten uns sehr nett, bis uns bewußt wird, daß es schon reichlich spät ist und wir ja unser Etappenziel heute abend erreichen müssen. Wir sehen also zu, daß wir uns wieder in Bewegung setzen. Uns fällt hier im Hohenloher Land auf, daß nicht nur die Kühe, sondern auch die Schweine hinaus dürfen auf die Weide. Unsere Strecke zieht sich ganz schön dahin. Im Bühlertal wagen wir es, auf der kleinen Asphaltstraße wieder zu traben, damit wir schneller voran kommen. Wir durchqueren Obersontheim und jetzt sind es nur noch ein paar Kilometer bis zu unserer Übernachtungstation in Hausen. Als wir eintreffen, ist es fast 20 Uhr! Anja Kircher wartet schon auf uns mit ihrer Familie und Reiterfreunden. Unsere Pferde dürfen den Offenstall bewohnen, während Anjas Pferde auf der Koppel sind, Anjas Mann wirft den Grill an und wir verbringen einen vergnügten Abend und eine erholsame Nacht in Hausen.

Nach einem üppigen Frühstück brechen wir auf zu unserer letzten Etappe. Nachdem die Räder über Nacht gewässert wurden, trauen wir uns heute, wieder viel zu traben. Entsprechend gut kommen wir voran. Mittags verzehren wir das Freßpaket, das uns Anja mitgegeben hat, die Pferde bekommen unterwegs gesammeltes Fallobst und ein paar geklaute Maiskolben. Der Platz neben dem Flugplatz von Schwäbisch Hall ist nicht so besonders idyllisch, aber hier ist keine Straße in der Nähe und wir können ausspannen und die Pferde ein halbes Stündchen frei laufen lassen, ohne ständig auf dem Sprung zu sein.

Transportwesen damals und heute

Nun müssen wir von der Höhe hinunter an den Kocher, den wir in Gelbing überqueren wollen. Der "Alte Steig" führt uns auf einer gut ausgebauten kleinen Asphaltstraße ohne Autoverkehr sicher hinunter. Zwar müssen wir langsam gehen, damit Rufus' Eisen nicht rutschen, aber so furchtbar steil ist der Steig nicht. Neben uns geht es allerdings fast senkrecht einige Dutzend Meter hinunter.

Unten im Ort überqueren wir den Kocher und folgen dem Fluß ein Stück auf einem Radwanderweg. Dann führt ein enger Waldweg wieder hinauf auf die Ebene. Nur noch ein kleines Stückchen und wir haben unser Ziel tatsächlich erreicht!

Wir sind wie üblich im Stall des Steigengasthofs untergebracht, wo bereits unser vorher angeliefertes Bett und die Kleidertruhen auf uns warten.

Die Pferde schlafen auf der Koppel, wir holen sie nur in den Pausen über Mittag hinein in den Stall. Diesmal sind noch zwei Pferde dabei, die Süddeutschen Kaltblüter Elli und Pauline. Sie sind allerdings auf einer getrennten Koppel untergebracht.

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