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Es kommt aber alles völlig anders als geplant. Am Abend - unsere französischen Freunde haben schon Feierabend gemacht - zieht ein Gewitter auf. Zwar steht das Kontor schon, aber die Pferdekoppel ist noch nicht ganz fertig und natürlich liegt die gesamte Inneneinrichtung noch in Kisten verpackt in unserem Auto. Die Blitze kommen näher, wir schnappen uns Rufus und stellen unser Pferd wieder in den Anhänger. Zum Glück steigt er brav ein. Wir setzen uns mit unserem Hund ins Auto und warten das Gewitter ab. Nach etwa einer halben Stunde kehrt wieder Ruhe ein, wir laden Rufus aus und machen uns wieder an die Arbeit.

Weit kommen wir aber nicht: kaum steht der letzte Koppelpfosten, schon ziehen die nächsten bedrohlichen Wolken heran. Es bleibt uns nichts anderes übrig, als Rufus wieder in seinen Faradayschen Käfig zu packen und uns ins Auto zu flüchten. Diesmal tobt das Gewitter extrem heftig, es knallt und scheppert rings um uns herum, mehrere Male gibt es praktisch keine Verzögerung mehr zwischen Blitz und Donner - das Gewitter tobt genau über uns.

Wir würden gerne die exponierte Bergkuppe verlassen und auf den Parkplatz unten im Tal fahren, aber die Zufahrt zu unserer Wiese ist durch den starken Regen aufgeweicht, wir kommen nicht durch. Wir rufen Guillaume Cordier von der Mesnie an und bitten um Hilfe - eine Unterkunft für Rufus und uns irgendwo im Tal. Der Wetterbericht sagt für die ganze Nacht weitere starke Gewitter an. Nach einer gefühlten Stunde lassen die Naturgewalten kurzzeitig etwas nach, Bert zieht Schneeketten auf und versucht, das vollbeladene Auto und den Anhänger mit Rufus durch den Matsch und die rutschigen Schlaglöcher herauszuziehen. Der Weg ist so eng, daß der Pferdehänger beinahe nicht durch paßt, wir nehmen links und rechts großzügig das Buschwerk mit, zum Glück sind es keine größeren Äste. Durch die Belastung reißt eine der Schneeketten, wir stecken wieder fest. Jetzt laden wir Rufus aus, mit dem leeren Pferdehänger und einer Schneekette schafft es unser Bus bis zur befestigten Straße. Dort darf Rufus dann zum dritten Mal einsteigen - Verladetraining in Burgund...

Guillaume hat in der Zwischenzeit überall herum telefoniert - alle Hotels und Gästezimmer sind ausgebucht, es ist Ferienzeit. Sein Freund Jean-René Derepas, der einige Kilometer entfernt in Mancey wohnt, bietet eine Unterkunft für Rufus an. Wir fahren zu ihm und stehen vor einem großen Herrenhaus aus der Mitte des 19. Jahrhunderts, zwei Stockwerke hoch mit extrem hohen Decken und bodentiefen Fenstern rundherum, aber alles ziemlich heruntergekommen. Jean-René erzählt uns, daß seine 92-jährige Tante dort wohnt und daß er seit seiner Pensionierung vor einem Jahr angefangen hat, das Anwesen in Eigenarbeit wieder herzurichten. Eine wahre Sisyphusarbeit!

Rufus jedenfalls wird mit einem Wasserkübel und einer großzügigen Heuration in einen großen Ziegenstall gesperrt und mit Holzstangen verbarrikadiert - er darf nicht ausbrechen in den verwilderten Garten, denn dort stehen leider mehrere giftige Eiben. Wir sind erst mal glücklich, daß unser Pferd gut und sicher untergebracht ist für diese chaotische Nacht. Wir selbst sind total übermüdet und haben immer noch keine Bleibe für die Nacht. Da erbarmt sich Jean-Renés Tante, sie bezieht für uns ein Bett im feudalen Gästezimmer und von Jean-René bekommen wir sogar noch ein Abendessen. Wir schlafen sicher wie in Abrahams Schoß und sind am nächsten Morgen bereit, unser burgundisches Abenteuer fortzusetzen.

Einen herzlichen Dank an die Familie Derepas!!!