Im pfälzischen Hinterweidenthal lädt der Magistrat der Stadt Schützenaufgebote aus Nah und Fern ein zum großen Schützenfest Mitte September.

Vier Tage lang treffen sich Freunde aus Deutschland, Österreich, der Schweiz, Tschechien, den Niederlanden und aus Belgien zu sportlichem Wettstreit sowie geselligem Beisammensein. Die besten Schützen messen sich mit dem Bogen oder der Stockbüchse. Sie legen all ihre Kunstfertigkeit an den Tag, um das wertvolle Kleinod für das eigene Aufgebot zu erringen oder sich vielleicht einen Preis als Einzelschütze zu verdienen. Die Stimmung ist gut, der Wettergott zeigt sich kooperativ und das Begleitprogramm ist phantasievoll und abwechslungsreich.

Schon Tage vor Veranstaltungsbeginn wird mit dem Aufbau begonnen: Schießbahn, Schlaf- und Küchenzelte und die Tavernen müssen errichtet werden.

Bei einem gemütlichen Feierabendbierchen am Lagerfeuer stimmen wir uns auf das bevorstehende Schützenfest ein. Alles ist fertig, die Gäste können kommen.

Unser Festplatz in Hinterweidenthal verfügt über eine ausgedehnte Animiermeile.

Da gibt es die Unkenspelunke, deren Spezialität leckere Likörchen sind, sowie diverse frittierte Leckerbissen und auch Süßigkeiten, die manches gestandene Mannsbild anziehen wie Lichter eine Motte. Die Taverne "zum ruhen Bern" (zum struppigen Bären) wird von einer rührigen Tavernencrew betrieben. Neben der eigentlichen Taverne auf dem Holzpodium bewirtschaften sie auch den überdachten Vorplatz sowie die nebenan im "durstigen Zossen" zur Verfügung gestellten Sitzplätze. Ausgeschenkt werden Bier aus Holzfässern, Wein und Schnaps. Illegales Glücksspiel ist übrigens ausdrücklich erlaubt - dank einer großzügigen Spende an den Bürgermeister - aber ausschließlich in der Syndikatsstube.

Die ausgedehnten Schützenwettbewerbe ziehen sich über den ganzen Freitag hin. Es gibt getrennte Wettbewerbe für Bogenschützen und Büchsenschützen, jeweils mit mehreren Durchläufen. Der Magistrat hat äußerst attraktive Preise gestiftet, die Sieger in jeder Kategorie erhalten sogar eine prunkvolle getriebene Messingschale.

 

Das "Papageienschiessen" - auf eine bunt bemalte Vogelattrappe aus Holz - ist nicht nur explizit für die Schützen, sondern für alle Anwesenden offen. Gewinner ist, wer das größte Stück vom Vogel herunter schießt. Manch einer, der hier sein Glück versucht, hat vorher noch nie Pfeil und Bogen in der Hand gehabt...

Die größte Ehre aber ist das neu gestiftete "Kleinod" für das beste Schützenaufgebot. In diesem Jahr geht das Kleinod an das Aufgebot aus Haarlem, welches bei den Schützenwettbewerben die meisten Treffer verzeichnen konnte, und das mit deutlichem Vorsprung.

Das Kleinod ist ein Wanderpokal und wird beim nächsten Schützenfest um eine neue Plakette ergänzt. Mit der Zeit wird so eine richtige Schützenkette entstehen, die vom Schützenkönig - oder dem Anführer des siegreichen Aufgebots - mit Stolz getragen werden soll.

Beim nächsten Schützenfest werden die Haarlemer sicher alles daran setzen, ihren Titel zu verteidigen und die Kette wieder mit in die Niederlande zu nehmen.

Aber es wird nicht nur geschossen - es wird auch geschissen! Und zwar trägt es sich folgendermaßen zu: In der Taverne wird ein wunderbares Fastnachtsspiel aufgeführt. Es zeigt, wie Herr Neidhart der Herzogin von Österreich das erste Veilchen im Frühling zeigen will (man beachte die Grazie der bärtigen Herzogin auf dem obigen Bild). Neidhart schützt das zarte Blümlein, indem er es unter seinem Hut birgt. Da kommt ein übler Bauersknecht und spielt ihm einen bösen Streich - er scheißt auf das Veilchen und bedeckt es wieder mit dem Hut. Ein großer Schrecken, als Neidhart im Angesicht der Herzogin und ihrer edlen Jungfrauen das beschissene Veilchen enthüllt... Es folgt ein dramatischer Streit zwischen Neidhart und seinen Rittern einerseits und den derben Bauern andererseits. Zunächst werfen sich die Maulhelden wüste Beschimpfungen und Drohungen an den Kopf, doch am Ende wird das Schwert gezückt und die Bauern zur Rechenschaft gezogen. Ein Wunderheiler tritt auf und sogar der Teufel höchstpersönlich - ein sehr kurzweiliges und doch erbauliches Stück.

Musikalisch untermalt wird das Fastnachtsspiel mit Flöten, Drehleier und Trommeln. Unsere unermüdlichen Musiker sind Tag und Nacht im Einsatz, sie spielen bei den Wettbewerben, in der Taverne oder auf der Wiese zum Tanz.

Am folgenden Tag wird auf der Wiese ein umfangreicher Deckenmarkt abgehalten. Man bietet eine große Vielfalt an Waren feil: Keramik, Töpfe, Feuersteine, Kerzen, Rüstzeug, Woll- und Leinenstoffe, eitlen Tand (zum Beispiel Rosenkränze aus edlen Steinen und teure goldene Haubennadeln), womit man den törichten jungen Maiden das Geld aus dem Beutel zieht, aber auch Seife und Bisamäpfel für die Hygiene, Heiligenbilder und Inkunabeln für die Bildung und gebackene Heiligenfiguren aus weißem Ton, sowie Werkzeug und etliche gebrauchte Gegenstände des Alltags zum Weiterverkauf - das Angebot ist umfassend!

Im weiteren Verlauf des Tages finden einige sportliche Wettbewerbe statt, die da sind: Wettlaufen, Steinwurf (Kugelstossen) und Dreisprung. Beim Dreisprung vollführt der Teilnehmer zunächst drei Sprünge auf einem Bein, dann drei Sprünge mit beiden Beinen zusammen, zuletzt drei große Schritte. Auch hier winken wieder attraktive Preise für die Sieger. Im Dreisprung kommt es sogar zu einem Stechen zwischen zwei gleich guten Teilnehmern, entschieden wird der Wettbewerb durch die längeren Beine des Nürnberger Teilnehmers, der damit die größeren Schritte machen konnte.

Nach solch schweißtreibenden Aktivitäten zieht es einen um den anderen hinunter zum Badebach, der trotz frostiger Wassertemperaturen regen Zuspruch erfährt.

Der Sonntag wird mit einem prunkvollen religiösen Ereignis eingeleitet. Die Schädeldecke des heiligen Arbogast, Schutzheiliger gegen Fußleiden, Müdigkeit und Niedergeschlagenheit, wird in feierlicher Prozession um den Festplatz getragen. Die Reliquie ist wunderbar gefaßt und wird auf einer Sänfte unter einem Baldachin von den Honoratioren der Stadt getragen. Zum Klang von "Cuncti simus concanentes" zieht die ganze Gesellschaft einmal um die Wiese, um anschließend dem Gottesdienst beizuwohnen.

Krönender Abschluß der Veranstaltung ist der "Glückshafen". Der Andrang auf den Losverkauf am Samstag war schon überwältigend. Jetzt am Sonntag sitzen alle Teilnehmer gespannt vor der Taverne und verfolgen aufmerksam, wie die Preise einer nach dem anderen verlost werden.

Das Schützenfest 2015 war eine rundum gelungene Veranstaltung - wir hatten alle viel Spaß!

Herzlichen Dank an die Fotografen, die ihre Bilder der Veranstaltung auf Facebook zur Verfügung gestellt haben. Ihr habt so dezent fotografiert, daß ich kaum mitgekriegt habe, daß überhaupt Bilder gemacht wurden. Umso mehr freue ich mich jetzt, daß der Veranstaltungsbericht so üppig illustriert werden konnte. DANKE!!!