Die burgundische „Neuvième Compagnie d'Ordonnance“ hat alle 15. Jahrhundert Gruppen für Mitte September 2012 eingeladen nach Bexbach in der Pfalz. Hier auf dem über 100 Hektar großen Utopion-Gelände, einem ehemaligen Truppenübungsplatz, werden sich Burgunder und Reichsaufgebot ein Wochenende lang bekriegen.

Es werden zwei Lager aufgebaut, gut außer Sichtweite etwa 1 km voneinander entfernt. Wir reisen am Donnerstag erst abends an und schaffen es gerade so, vor Einbruch der Dunkelheit unser Kontor aufzustellen und eine erste – eiskalte – Nacht in unserem neuen Schlafzimmer zu verbringen. Natürlich gehören wir zu den kaiserlichen Truppen, dem Reichsaufgebot.

Der Freitagvormittag wird noch benötigt, um das Lager komplett aufzubauen und unser Kontor häuslich einzurichten.

Unsere kleine Lagergemeinschaft besteht aus Wolfram, der sein Gästebett im Kontor aufbaut, sowie den Familien Brundelius und Kreisel samt Kindern mit eigenen Zelten – mit uns sind das dann immerhin 11 Personen.

Ab mittags können wir uns umkleiden und mit dem Spiel beginnen. Rosi und Dirk haben sich als Küchenmannschaft zur Verfügung gestellt und beide gehen fleissig an die Arbeit, obwohl Rosi fürchterlich hustet und während der Nacht fast nicht geschlafen hat. Durch die herumtollenden Kinder und die Hunde ist richtig Leben in unserem Lager.

Wir sehen das Geschehen natürlich hauptsächlich von der Reichsaufgebot-Seite her. Jürgen Gäbel vom Ulmer Aufgebot wird zu unserem Hauptmann ernannt, es formieren sich diverse Rotten. Mit Romy, Wolfram und Bert haben wir drei Schützen in unserem Lager, Sebastian unterstützt als Hellebardier, die anderen sind Tross. Wolfram und Bert erkunden das Gelände, finden eine strategisch günstige Stelle und bauen dort eine Schützenstellung aus.

Außerdem kann Bert einen Plan des feindlichen Lagers skizzieren lassen und diesen stolz seinem Hauptmann vorlegen.

Die Küche im Lager ist voll beschäftigt, wir werden mit äußerst leckeren Speisen verwöhnt, obwohl es Rosi immer schlechter geht. Genoveva, Florentine und Josefine gehen mit der durch die Schüsse verängstigten Maja spazieren und versorgen die Schützen in ihrem Hinterhalt mit frisch gepflückten Brombeeren.

Viel bekommen wir im Lager nicht mit von den Kampfhandlungen, aber es wird uns berichtet, daß das Reichsaufgebot die burgundische Standarte und eine Kanone erobert hat. Die Standarte wird zusammengerollt im Gebälk des Küchenzelts unseres Hauptmanns aufbewahrt. Etliche burgundische Diplomaten und Unterhändler besuchen das kaiserliche Lager, aber die burgundischen Gäste erkennen ihre eigene Standarte nicht, obwohl sie bei der Bewirtung direkt über ihren Köpfen liegt.

Die Mädels aus dem burgundischen Lager (von der organisierenden IXe. Compagnie) schleppen das Wasser in schweren Kanistern zu unserem Lager, denn bei uns gibt es keinen Anschluß an fließend Wasser. Wir stellen unsere Schubkarre zur Verfügung und versuchen teilweise zu helfen.

Bert zieht abends noch mal allein durch die Lager und versumpft beim Ulmer Aufgebot. Wolken ziehen auf, es regnet ein bißchen in der Nacht, dafür ist es nicht so kalt. Im Laufe der Nacht schleichen sich die Burgunder ins Lager. Sie stehlen unser Wasserfass, weil sie den Inhalt offenbar für Bier halten, lassen das schwere Fass aber dann im Nachbarlager stehen. Vielleicht haben sie doch gemerkt, daß es nur Wasser ist. Unsere Wachhunde schlafen den Schlaf der Gerechten und lassen sich von keinem burgundischen Dieb stören. Die Burgunder können aber ihre Standarte bei dem nächtlichen Überfall nicht finden, sie erhalten sie erst am folgenden Tag zurück.

Es steht 1:0 für das Reichsaufgebot.

Am Samstagmorgen muß Rosi wegen ihres Hustens einen Besuch beim Arzt abstatten, Diagnose: beidseitige Lungenentzündung, Asthma. Rosi ist eisern, sie will nicht abbrechen. Genoveva übernimmt mit Dirk die Küche, wir stellen Rosis Bett hinaus aus dem Zelt, damit sie die Kochkünste überwachen kann.

Drei burgundische Reiter kommen ins Lager, um das Reichsaufgebot zu verhöhnen. Sie wollen uns weismachen, unsere Truppen seien besiegt und unsere Männer gefallen. Als die Burgunder ins Lager einreiten, steht Josi mit ihrem Körbchen mit Verkaufsseifen am Lagereingang direkt vor ihnen und schaut fasziniert zu den Pferden hoch. Da sprinten zwei junge Männer aus dem tschechischen Lager vor. Einer der Männer greift sich die schreckensstarre Josi und rennt mit dem Kind im Arm zurück hinter die eigenen Reihen, sein Kamerad deckt ihm dabei den Rücken.

Argon heißt der mutige Retter, der Held von Bexbach! Inzwischen haben sich die im Lager verbliebenen Helmbardiere und Schützen des Reichsaufgebots zu einer Gefechtslinie formiert und marschieren auf die Reiter zu.

Diese treten den RÜCKZUG an und verlassen das Lager.

Als es wieder etwas ruhiger wird, beschliesse auch ich, meinerseits dem burgundischen Lager einen Besuch abzustatten. Ich werde von den burgundischen Wassermaiden sehr freundlich empfangen und im Hauptmannszelt bewirtet.

Ein Großteil der Händler lagert im burgundischen Lager. Ich schaue bei der Heiligenbäckerin Hadewijch vorbei und hole meine bestellte heilige Katharina ab. Sie wird fortan über unser Kontor und unser Wohlergehen wachen.

Ich sehe, daß sich die burgundischen Truppen sammeln und abmarschieren. Noch denke ich mir nichts Böses dabei.

Auf meinem Rückweg zum Lager erreicht mich dann aber die Nachricht, daß Berts Schützenstellung von den Burgundern überrascht und von hinten überrannt wurde, weil die mit der Rückendeckung betrauten Wachen beim Mittagessen waren. Nachdem die Schützenstellung eingenommen ist, marschieren die burgundischen Truppen unbehelligt durch, das Lager wird viel zu spät gewarnt, ein Großteil der Männer hat die Waffen abgelegt und sitzt beim Essen. Das komplette Lager des Reichsaufgebots, mannschaftsmäßig eigentlich deutlich in der Überzahl, wird von den Burgundern erobert. Peinlich!

Aber lassen wir ihnen doch den kleinen Sieg - denn im freien Feld waren die Burgunder nicht wirklich erfolgreich. Ein Bericht unseres Hauptmanns:

"Wir haben die Burgunder in mindestens 3 Schlachten geschlagen und Ihre Fahne
haben sie nicht bekommen. Statt dessen kamen zwei Plänkler in friedlicher
Absicht während des Gefechtes hinter den Linien auf mich zu und wollten
dass ich ihnen die Fahne wiedergebe. Darauf sagte ich dass wir sie extra
dabei haben - und zeigte dabei auf deren Fahne, die unser Bannerträger
Dietmar Keil trug - und meinte zu ihnen: "Ihr könnt sie holen,
aber nicht ohne Kampf!" daraufhin rannten die beiden von hinten auf
den fünfzig Meter entfernten Dietmar los und hatten so recht ihre
Mühe mit dem kampferprobten Fähnrich."

Rino macht derweil in einem fremden Lager eine "Schweinemeditation". Die Hypnose wirkt so gut, daß unserem ruhmreichen Hauptmann glatt der Teller aus der Hand fällt!

Die offizielle Entscheidung der Schlacht wird – wie vorher vereinbart - in einem wilden Rugby-Spiel gefällt. Der Ball wird im Tal zwischen beiden Lagern freigegeben, es gewinnt die Partei, der es gelingt, den Ball auf den nächsten Hügel in Richtung des eigenen Lagers zu schaffen. Durch den beherzten Sprint eines jungen Tschechen geht das Reichsaufgebot als Sieger hervor.

Nachdem nun Waffenstillstand herrscht, ziehen viele - Kaiserliche wie Burgunder - spätabends in die Taverne, die sich noch ein gutes Stück jenseits des burgundischen Lagers befindet. Das ist uns zu weit, vor allem angesichts der Perspektive, den Rückweg möglicherweise in angetrunkenem Zustand bewältigen zu müssen. Wir bleiben mit Rosi, Dirk und den Kindern bei musikalischer Untermalung am heimischen Lagerfeuer, bis uns die eisige Kälte relativ früh ins kuschelige Bett treibt.

Zum Ausklang der Veranstaltung findet am Sonntagmorgen im burgundischen Lager ein Deckenmarkt statt. Es gibt Waffen, Rüstzeug, Töpferwaren, Kleidung, Mobiliar, Musik – alles was das Herz begehrt. Bert wird von mir mit einem modischen neuen Hut ausgestattet.

Zurück im Lager können wir noch einmal kurz etwas trinken und die Beine hochlegen, dann geht’s an den Abbau. Drei Stunden – dann ist alles verladen und wir lassen Bexbach und eine großartige Veranstaltung hinter uns.

Herzlichen Dank an die IXe Compagnie – wir kommen gerne wieder! Nächstes Mal vielleicht als Fuhrleute?