Rufus macht sich langsam auf den Weg zum Fahrpferd. Schritt für Schritt in aller Ruhe soll er in seinem dritten Lebensjahr nun an die Anforderungen herangeführt werden.

25. März 2012, Lektion 1:

Geschirrkunde, erster Teil: Selett und Schweifriemen

Zunächst bekommt der angehende Fahrschüler das Selett übergelegt und umgeschnallt.

Sieht so einfach aus... aber Rufus hatte in seinem Leben noch nie einen Gurt um den Bauch! Letztes Jahr hat er noch herumgezickt, wenn man ihm auch nur ein Handtuch über den Rücken gelegt hat.

Als Nächstes kommt der Schweifriemen dran.

Auch das läßt sich Rufus brav gefallen. In aller Ruhe kann Bert die Riemen auf die richtige Länge verschnallen.

Ich suche eine alte Trense raus und bemühe mich, sie auf die kleinstmögliche Größe zu verschnallen, dann hänge ich ein Gebiss ein. Ganz interessiert zieht Rufus die Trense brav an - na ja, er nimmt ja eh gerne alles ins Maul...

Leider ist ihm die Knebeltrense deutlich eine Nummer zu groß! Die hier paßt besser:

Und der Mosquero - ein Geschenk von Barbara - ist echt todchic!

Nach der kurzen Anprobe nehmen wir Rufus aber das Gebiss wieder raus - immer nur eine Lektion auf einmal. Heute soll Rufus ja ein bißchen mit Selett und Schweifriemen spazierengehen und sich daran gewöhnen, wie sich die Geschirrteile in der Bewegung anfühlen. Ready to go:

Gilette ist ja zur Zeit beim Hengst, deshalb beschliessen wir, Molly vor die Kutsche zu spannen und Rufus neben ihr anzubinden, damit er gleich das Gefühl kennenlernt, wenn die Kutsche ihn "verfolgt".

 

Die Kutsche stört Rufus nicht im geringsten - das Ding kennt er. Die eisenbeschlagenen Räder machen direkt hinter ihm einen Höllenlärm? Egal - Rufus ist nur darauf konzentriert, Tante Molly in die Nase zu zwicken!

Das ist dann auch das größte Problem: Rufus ist total aufgekratzt, belästigt Molly die ganze Zeit und versucht, sie zu überholen. Dabei zieht ihn der Anbindestrick natürlich zur Seite und direkt vor Molly herum und er blockiert ihr den Weg. Gott sei Dank hat unser Kaltblut so gute Nerven! Etliche Male muß ich absteigen und die beiden Pferde auseinanderknoten bzw. Rufus' Hinterteil herumschieben, bis er wieder an Mollys rechter Seite in Fahrtrichtung steht. Die Runde fällt sehr kurz aus, denn ich laufe zu Fuß mit.

Als Bert den Heimweg einschlägt, mag auch Molly nicht mehr Schritt gehen. Bert läßt Molly antraben und siehe da: jetzt muß sich Rufus konzentrieren, weil er ordentlich nebenhertraben muß - und schon klappt die Sache! Bert fährt mir mit Molly und Rufus im Trab davon und als ich nach einer Viertelstunde Fußmarsch auch den Hof erreicht habe, hat er schon ausgeschirrt.

Zum Abschluß gibt es Karotten bis zum Abwinken - so macht Lernen Spaß!

 


 

24. September bis 1. Dezember 2012:

Rufus besucht die Fahrschule am Kutscherhof Marienheim

Das "richtige" Einfahren vertrauen wir lieber dem Profi an. Familie Nutz vom Kutscherhof Marienheim wird das für uns übernehmen. Marienheim liegt direkt bei Neuburg, also müssen wir Rufus nicht weit weg bringen und können ihn dort auch öfters besuchen.

Ende September und Anfang Oktober läuft am Kutscherhof noch ein Fahrkurs (für Menschen), daher wird mit Rufus erst am Abend gearbeitet. Er wird zunächst an Geschirr, Gebiß und Kutsche gewöhnt. Wenn die Fahrschüler üben, wird Rufus hinter der Kutsche mitgeführt.

Am 16. Oktober ist es so weit: Rufus wird zum ersten Mal eingespannt. Sein erfahrener Partner auf der linken Seite heißt Florian. Ich darf mitfahren und bin total aufgeregt - ganz im Gegensatz zu Rufus. Der läuft nämlich völlig ruhig und gelassen, obwohl es schon dunkel ist und uns gleich 10 Meter nach der Hofausfahrt ein Auto mit leuchtenden Scheinwerfern entgegenkommt. Ich bin so stolz!

Ab Mitte November wird Rufus dann auch auf der linken Seite eingespannt. Seine Partnerin auf dem oberen Foto ist die Uschi. Leider kann immer erst so spät nachmittags mit ihm geübt werden, daß es schon dunkel wird, daher ist es sehr schwierig zu fotografieren.

Rufus zieht brav und marschiert fleißig vorwärts - aber er mag keine Gullideckel und keine Wasserpfützen...

Anderthalb Wochen lang wird Rufus auf der linken Seite eingespannt, meistens mit dem Rappen Vitus, einem Süddeutschen Kaltblut.

Dann wird es langsam Zeit für ihn, auch alleine vor der Kutsche zu gehen. Einspännig zu gehen ist natürlich deutlich schwieriger für ein junges Pferd, denn der erfahrene Partner im Zweispänner vermittelt Sicherheit und zeigt im Zweifelsfall auch nachdrücklich, wo es lang geht.

Anschirren lassen und Kutsche ziehen an sich sind inzwischen vertraute Handlungen, die Rufus ganz selbstverständlich ausführt. Auch im Einspänner geht Rufus bereitwillig vorwärts, er legt einen ziemlich flotten Schritt an den Tag und ein munteres Träbchen ist auch nicht zu verachten. Die Wasserpfützen mag er allerdings immer noch nicht, er versucht dann, unauffällig und elegant auszuweichen.

Bert soll unbedingt ein paar mal vorbeikommen, um gemeinsam mit Rufus zu üben, denn die beiden müssen ja lernen, miteinander zu arbeiten und einander zu verstehen. Zweimal schafft es Bert, früher aus der Arbeit heim zu gehen und nach Marienheim zu fahren für eine gemeinsame Fahrstunde.

Ende November sind die Ausbilder der Ansicht, wir können unseren Buben wieder nach Hause holen. Zwei Monate und eine Woche war er weg zur Ausbildung - von "null" auf "Fahrpferd einspännig".

 


 

1. Dezember 2012: Rufus kommt wieder heim

Wir holen unser kleines Fahrpferd am Samstag dem 1. Dezember in Marienheim ab. Während das Wetter bislang recht trocken war und das Fahrtraining nicht gestört hat, setzt jetzt ergiebiger Schneefall ein. Als wir am Sonntag einspannen, um es zum ersten Mal hier zu Hause zu probieren, liegt eine geschlossene Schneedecke.

Hier bei uns muß sich Rufus ein bißchen umstellen.

Kutschsattel:

Schweizer Armeegeschirr:

Eisenbereifte Kutsche:

Rufus muß große Geduld aufbringen beim Einspannen, denn erst muß mal das Geschirr auf seine Maße eingestellt werden. In der Zwischenzeit lutscht Rufus an den Bommelchen meines Jackenverschlusses...

Wagemutig machen wir uns auf den Weg, obwohl mir schon Übles schwant, mit dem vielen Schnee und ohne Rufus vorher irgendwie ein bißchen ausgepowert zu haben...

Wir führen Rufus die Straße entlang an den Häusern vorbei, dann steigt Bert auf die Kutsche. Wir beschliessen, geradeaus Richtung Koppel zu fahren und Bert überredet mich, ebenfalls auf die Kutsche zu steigen. Er muß nicht viel Überzeugungsarbeit leisten, denn im Schnee kann ich nur schlecht laufen und Rufus ist ganz schön schnell, auch im Schritt.

Es ist sehr schwer, auf dem Feldweg zu bleiben, der unter dem vielen Schnee eigentlich auch gar nicht mehr zu erkennen ist. Rufus driftet etwas nach rechts ab auf die Wiese. Als Bert ihn mit der Fahrpeitsche touchiert, um ihn nachdrücklich wieder auf die richtige Spur zurück zu schieben, buckelt der junge Mann erst mal los. Er läßt sich dann aber doch zurück auf den Weg manövrieren. Als wir zum Koppeleingang kommen, versucht Rufus rechts auf die Koppel abzubiegen. Bert lenkt ihn deutlich nach links auf die Wiese. Nun wird der junge Mann wieder übermütig und galoppiert freudig an, nach links bergab quer über die Wiese in Richtung Kläranlage. Durchparieren ist ein Ding der Unmöglichkeit. Ich habe total Schiß, Bert reagiert aber souverän und lenkt Rufus ganz sanft und vorsichtig in eine weite Linkskurve, bis Rufus wieder bergauf zurück zum Weg galoppiert. Bert läßt ihn einfach laufen, der tiefe Schnee nimmt ein bißchen die überschüssige Energie raus aus unserem Pferdchen. Auf dem Weg gelingt es wenigstens, ihn wieder zum Trab zu parieren. Wir traben also im flotten Tempo den Weg zurück bis zu unserem Hof - zum Glück ist nichts passiert!

Ein Nachbar hat uns zufällig dabei fotografiert...

Nach diesem Abenteuer bringen wir die Pferde auf die Weide und wir staunen nicht schlecht - alle drei buckeln durch den Schnee wie die Rodeopferde. Also, dafür war Rufus echt brav!

Das Wochenende drauf wird Rufus wieder eingespannt.

Diesmal sind wir aber vorsichtiger. Die Pferde waren erst einige Stunden auf der Koppel, außerdem beschliessen wir, Rufus vor seiner Kutsche einfach nur zu führen.

Die Kutsche interessiert Rufus eigentlich überhaupt nicht. Das Problem ist ein ganz anderes: er möchte nicht weg von seinen Mädels! In Marienheim war das wohl nicht so ein Problem, denn das waren alles fremde Pferde, nicht seine Herde. Jetzt aber wiehert und quietscht er in den höchstens Tönen und die Mädels antworten auch fleißig von Zuhause.

Rufus ist zwar sehr aufgeregt, aber er läßt sich ohne größere Probleme führen und wir kommen nach einer Runde durchs Dorf - bei strahlendem Winterwetter - wieder gut nach Hause, mit dem Gefühl, sinnvoll und erfolgreich  geübt zu haben.

Am Sonntag gehen wir gleich noch einmal spazieren, diesmal ohne Kutsche, denn das muß Rufus nicht üben.

Was Rufus lernen muß ist, allein raus zu gehen - Kutsche ziehen, das kann er.