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Am 7. und 8. Januar 2011 ist Hengstselektion in Glovelier. Dort werden die dreijährigen Hengstanwärter vorgestellt und ihr Exterieur beurteilt. Wer die erforderliche Punktzahl erreicht, fährt für den 40-Tage-Test ins Nationalgestüt nach Avenches. Dort findet dann der Stationstest statt - die Junghengste werden von einem Fremdreiter und einem Fremdfahrer geprüft - die Gesamtnote entsteht aus dieser Prüfung und der Benotung der Bereiter des Gestüts, die 40 Tage lang mit den Hengsten gearbeitet haben. Nicht nur Rittigkeit und Fahreignung werden beurteilt, auch die Umgänglichkeit und der Verhaltenstest spielen bei der Benotung eine große Rolle.

Da wir auf der Suche nach einem geeigneten Fohlenvater sind, fahren wir nach Glovelier, um die Selektion der Junghengste anzuschauen - und um den Hengst Hermitage (Helix/Cardin/Eliot) in natura zu betrachten, der bei Jean Monin in Glovelier stationiert ist.

Und hier ist der hübsche junge Mann, der bei seiner eigenen Hengstselektion die Traumnoten 9 (Typ) / 8 (Körperbau)  / 8 (Gänge)  erhielt. Ein Traum von einem Freiberger!

Bei uns ist so weit alles fest ausgemacht: Gilette fährt am 25.2.2011 nach Glovelier zu Hermitage. Dann können wir auf dem Rückweg gleich am 26.2. in Avenches die Hengstkörung anschauen.

Da die Schweiz nicht in der EU ist, muß einiges an Papierkrieg erledigt werden.

Zunächst habe ich über ein Carnet ATA nachgedacht. Das benutzt man wohl hauptsächlich auf Messen, wenn Waren ins Ausland transportiert werden und dann wieder mit nach Hause gebracht werden.
Vorteil: man ist nicht an die "Bürozeiten" des Zolls gebunden, es reicht wohl wirklich (angeblich), das Carnet am Grenzübergang vorzulegen (Vorsicht: es liegt keine eigene Erfahrung vor).
Nachteil: das Carnet ATA muß bei der zuständigen IHK beantragt werden. Die verlangen eine Bankbürgschaft (für den Fall, daß die Ware nicht zurückgebracht wird). Und hier beginnt das Theater...
Ich habe bei der IHK München angerufen. Kein Problem, sie schicken die Unterlagen zu. Für die Bankbürgschaft haben sie ein vorgefertigtes Formular. Tja, dieses kam meiner Bank komisch vor. Sie geben mir die Bürgschaft, überhaupt kein Problem - aber nur mit einem eigenen Formular! Oder der Vertrag der IHK müßte erst von der Rechtsabteilung überprüft werden (kostenpflichtig natürlich und das nicht zu knapp).

OK, ich habe dankend abgelehnt und gehe den Weg des alten "Freipasses" (jetzt "ZAVV").


Was brauche ich, um (m)ein Pferd vorübergehend in die Schweiz und wieder heim zu bringen?

1. Zur Einreise in die Schweiz:

Gesundheitszeugnis vom Amtstierarzt (seit 1.1.2011, wegen Seuchen wie EIA)
Equidenpaß
Formular 11.74 (beim Grenzübertritt auszufüllen)
ca. 175 Schweizer Franken (werden bei der Einreise hinterlegt) Vorsicht: kontingentiert - wenn Kontingent erschöpft, witd's deutlich teurer!
Nachweis des Verwendungszwecks (z.B. Ausbildungsvertrag, Schreiben des Hengsthalters)
Wertunterlagen (z.B. alter Kaufvertrag)
Bei Ausreise wird der Geldbetrag zurückerstattet. Dazu wird ein Formular 11.87 ausgefüllt.

2. Zur Wiedereinfuhr in die EU:


Formular INF3 = Auskunftsblatt für Rückwaren (vorher beim heimatlichen Zoll auszufüllen)
Equidenpaß
Ein Gesundheitsattest wird für Pferde, die aus der Schweiz kommen, nicht verlangt


INF3 (deutsches bzw. EU-Formular): Rückwarenregelung Auskunftsblatt

Auszufüllen sind die Adressen von Ausführer (Pferdebesitzer) und Empfänger (Hengsthalter), das Bestimmungsland (Schweiz), Anzahl/Art/Bezeichnung der Ware (1 Pferd, Nr. Equidenpaß, evtl. Chipnummer und/oder Signalement), Rohgewicht, Eigengewicht (geschätzt...), Statistischer Wert (hier scheint € 1500,- ein Grenzwert zu sein – man sollte wohl besser nicht mehr angeben – mir hat der Zollbeamte diesen Wert „in den Mund gelegt“...).

Ich habe das Formular schon ein paar Wochen vorher in Ingolstadt beim Zoll ausgefüllt. Da ich den Equidenpaß und alle Unterlagen vorgezeigt hatte, wollten sie das Pferd nicht sehen. Unter Umständen kann es aber sein, daß der Zoll einen Termin vereinbart und das Pferd am Stall vorher anschaut. Dazu muß jemand vom Zoll hinfahren = kostenpflichtig.
In unserem Fall aber waren die Kosten = null.

11.74 (Schweizer Formular): Vorübergehende Verwendung mit hinterlegtem Betrag

Auszufüllen sind Adressen von Versender, Eigentümer (Pferdebesitzer) und Empfänger (Hengstbesitzer), Land der Erzeugung (D), Land der vorübergehenden Bestimmung (CH), Land der endgültigen Bestimmung (D), Zweck der vorübergehenden Verwendung (Zucht, Decken), genaue Warenbezeichnung (also wieder: 1 Pferd, Equidenpaßnr. …), Eigenmasse, Rohmasse (wieder geschätzt), Statistischer Wert in CHF (CHF 2000,-, was etwa den € 1500,- entspricht).

Ich habe das Blankoformular vorher online bestellt, damit ich an der Grenze nicht so viel Zeit mit dem Ausfüllen der Papiere verliere.

11.87 (Schweizer Formular): Vorübergehende Verwendung / Abschluss
Auszufüllen wie 11.74.

Die Schweizer Zollbestimmungen für die vorübergehende Einfuhr von Pferden kann man auch im Netz nachlesen.


 

Ende Februar: Fahrt in die Schweiz

So, und dann ist Gilette in der Schweiz!
Wir sind am Freitag den 25.2. um 8:30 Uhr gestartet und um 15:30 in Glovelier vorgefahren.
Es waren doch 6 1/2 Stunden Fahrtzeit, allerdings fast nur Autobahn, also relativ stressfrei fürs Pferd.

An der Grenze (Basel) haben wir etwa eine halbe Stunde gebraucht, da zählt aber alles mit:
* kurze Fahrt hinüber zum Abfertigungs-Zollgebäude
* kleiner Fußmarsch (wir hatten nicht gesehen, daß wir vorne am Eingang auch hätten parken können)
* Gang zur Toilette
* Gang zur Information (sehr freundliche Auskunft)
* Gang zum deutschen Zoll/Ausfuhr im Erdgeschoss
(unser INF3 Formular wurde abgestempelt und wir bekamen einen Laufzettel, sehr freundlicher Zöllner)
* dann die Treppe rauf zur Schweizer Einfuhr und die eigentliche Zollabfertigung
(kurze Wartezeit, da alle ca. 10 Schalter besetzt waren und noch je 1 Antragsteller wartete - es ging trotz Andrang recht zügig)

Der junge Schweizer Zöllner war freundlich aber etwas langsam und umständlich (Pferde hatte er wohl noch nicht so oft abgefertigt), die Daten mußten alle im Computer eingegeben werden, den Brief des Hengsthalters (Stute kommt zum Decken) und Wertunterlagen (Uralt-Kaufvertrag von 1999) hat er für seine Unterlagen kopiert, dann den zu hinterlegenden Betrag ausgerechnet (Kontingent plus Steuer, knapp 175 Schweizer Franken), das Geld mußten wir an der Kasse bezahlen, dort bekamen wir unseren abgestempelten Laufzettel zurück und konnten fahren (Laufzettel wurde an der Schranke bei der Ausfahrt vom Abfertigungsgebäude kontrolliert).

Das Gesundheitsattest vom deutschen Amtstierarzt wurde von dem Zöllner übrigens zur Kenntnis genommen, aber er hat es nicht mal gelesen. Ob es auch ohne gegangen wäre? Ich habe leider vergessen zu fragen...

Gilette hatte ihre dünne Abschwitzdecke drauf, der Hänger war hinten zu, nur ein kleines Eck hat Bert mit einem Expander hochgezogen zur Durchlüftung. Das hätte etwas mehr sein können, denn Gilette hat geschwitzt (aber nur leicht), aber beim letzten Mal war die Plane offen und da hatte es offensichtlich durch den Fahrtwind gezogen und sie stand ganz verkrampft da, als wir schauten. Diesmal war es deutlich besser.

Jedenfalls stieg Gilette nach den 7 Stunden aus ihrem Hänger, als ob nichts wäre und schaute sich erst mal um, wo es hier was zu fressen gibt (obwohl sie fast gar nicht an ihrem Heunetz war während der Fahrt, das ist nämlich noch voll).

Schweren Herzens lassen wir sie bei Jean Monin und hoffen, daß sie schnell rossig wird und gleich aufnimmt...


 

Mitte März: Streptokokken!

Nach einer knappen Woche erhalten wir die Nachricht, daß Gilette gedeckt wurde. Über 2 Wochen banges Warten, dann die enttäuschende Nachricht: es hat leider nicht geklappt.

Als die nächste Rosse ansteht, hat sich Madame eine Streptokokken-Infektion zugezogen. Zum Glück schaut Jean Monin die Pferde wohl immer sehr genau an, er hatte nämlich einen leichten Scheidenausfluß bemerkt und mein Mädel untersuchen lassen. Ist ja nicht so ganz selbstverständlich, daß so was gleich entdeckt wird! Wir hatten eigentlich Mitte Januar getupfert und Gilette war sauber, aber sowohl der Schweizer Tierarzt als auch meine "zweite Meinung" (unsere Hoftierärztin, die ich gleich angerufen habe) sagen dasselbe: so was kann jederzeit passieren, zumal bei einer älteren Stute, wo der Scheidenschluß nicht mehr so fest ist. Eine Deckinfektion (also durch Infektion des Hengstes) ist es mit allerhöchster Wahrscheinlichkeit nicht, sondern die Erreger sind einfach allgegenwärtig - nur sollten sie eigentlich nicht in die Scheide gelangen. Typischer Fall von "Pech gehabt"..

Natürlich rosst Gilette ausgerechnet jetzt, so daß eine Periode komplett ausfällt zum Decken. Gilette bekommt jetzt Spülungen, dann wird noch mal eine Tupferprobe gemacht - wenn die OK ist, kann bei der nächsten Rosse (vermutlich die Woche vor Ostern) wieder ein Deckversuch gestartet werden. Danach müssen wir wieder 3 Wochen warten - dann sind wir schon locker im Wonnemonat Mai...

Wenigstens sehen beide Tierärzte in einem einmaligen Streptokokken-Befall kein grundsätzliches Problem - es muß halt behandelt werden. Und wenn man Pech hat, kann es hartnäckig sein. Nur bei einer immer wiederkehrenden Infektion müßte man was tun, eventuell sogar operativ für einen dichteren Scheidenschluß (was ich definitiv nicht tun werde). Schlimmstenfalls kann mit der Stute nicht mehr gezüchtet werden. Aber, wie gesagt: ein einmaliger Befund ist erst mal kein Grund zur Panik...


 

Freitag der Dreizehnte (Mai): Rückfahrt nach Ammerfeld

Am 12. Mai kommt der lang ersehnte Anruf aus der Schweiz, vom Tierarzt: Gilette ist trächtig!
Allerdings sagt er, ihr Uterus schaue nicht so toll aus, ein paar Zysten... ich soll in 4 Wochen noch mal kontrollieren... gut möglich, daß sie wieder resorbiert... aber jetzt im Moment hat sie ein Fohlen von Hermitage im Bauch!

Bert nimmt sich gleich frei und am Freitag dem 13. düsen wir nach Glovelier, um Gilette wieder nach Hause zu holen.

Das Kapitel Zoll war außerordentlich erfreulich: die Zöllner auf beiden Seiten waren freundlich, kompetent, schnell. Zeitverlust gab es nur, um das hinterlegte Geld zu holen, denn die Kasse ist im großen Abfertigungsgebäude auf der anderen Seite (D -> CH), das war ein ganzes Stück zu laufen. Dafür wollte der deutsche Zoll gar nichts. Wir sind zunächst zur Warenabfertigung/Handelswaren gegangen, die Mitarbeiterin studierte die Papiere, runzelte die Stirn, strich das Ganze durch und schrieb groß "privat" drauf und meinte, wir sollen einfach mit dem Reiseverkehr durchfahren und unser "INF 3"-Formular abgeben und gut ist's.

Für uns war's ein stressiger Tag. Abfahrt Ammerfeld 7:00 Uhr, Ankunft Glovelier kurz nach 12:00 Uhr, Abfahrt Glovelier ca. 14:00 Uhr, Ankunft Ammerfeld 21:30 Uhr - mit Tank-, Eß- und Pipi-Pause. Gilette hat's aber total gut weggesteckt, sie war nicht aufgeregt und hat nicht mal leicht geschwitzt.

Daheim gab's große Begrüßung zwischen Letti und Molly - beide haben sich mit einem Riesenkragen angeblubbert und Gilette hat Molly sogar angerosst (o je, ich habe Bedenken, daß das Fohlen schon wieder weg ist...).
Einzig und allein Gilettes neuer jurassischer Freund (ein 3-jähriger Wallach von Hermitage), der mit ihr und einer weiteren 3-jährigen Stute die Koppel geteilt hat, ist jetzt todunglücklich. Jean Monin sagte, er hing so an Gilette, daß sie sogar gemeinsam in eine Box marschiert sind und sich fortan nachts eine Box geteilt haben. Der Arme war ganz aufgeregt, als wir Letti von der Koppel holten und schrie ihr die ganze Zeit hinterher!


 

Kein Fohlen von Hermitage...

Am letzten Maitag kommt meine Tierärztin zur Kontrolle. Per Ultraschall sucht sie das befruchtete Ei... vergeblich... kein Fohlen da. Gilette hat offensichtlich resorbiert.

Ich war nicht wirklich überrascht, ich hatte dauernd schon so ein komisches Gefühl. Ich könnte nicht in Worten ausdrücken, was mich gestört hat, aber irgendwas war nicht richtig... Na ja, lieber resorbiert sie gleich... das Fohlen in den letzten Monaten oder bei der Geburt zu verlieren, das stell ich mir schlimm vor!

Ich würde ja bis nächstes Jahr warten und es dann noch mal versuchen, aber Gilette ist Jahrgang 1993 und wäre dann schon 20 bei der Geburt. Und noch ist es nicht zu spät im Jahr... Also beschliessen wir, unser Glück noch mal zu versuchen. Diesmal aber nicht in der Schweiz, sondern in Franken, mit dem Hengst Eragon...

 


 

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