Ins hübsche burgundische Örtchen Brancion - zu Füßen der gleichnamigen Burgruine - lädt uns die Mesnie Saint André im Juli 2014 ein.

"Pour le Duc", für den Herzog (von Burgund) wollen sie kämpfen - wir gehören zu den Gegnern...

Es gibt zwei Lager: die Burgunder logieren im Dorf oder auf der Burg, das Reichsaufgebot errichtet sein Lager auf einer gegenüber liegenden Hügelkuppe.

Wir reisen frühzeitig an, damit Rufus Zeit hat, die lange Fahrt zu verkraften und damit unser Pferd sich in aller Ruhe die neue Gegend und das Dorf anschauen kann. Am Sonntag dem 6. Juli fahren wir kurz nach Mitternacht zu Hause los und wir erreichen Brancion gegen 9 Uhr morgens nach gut 8 Stunden entspannter Fahrt auf einer leeren Autobahn.

Wir beginnen in aller Ruhe, uns auf dem Hügel häuslich einzurichten, Kontor aufbauen, Koppel für Rufus einzäunen.

Ein sehr schönes Fleckchen mit Blick auf die Burg und weit in die Ferne schweifend über die liebliche burgundische Landschaft.

Die Jungs von der Mesnie arbeiten trotz immer wiederkehrender Regenschauer mit großem Elan an unserem Befestigungswall, es werden Bäume gefällt und Barrikaden errichtet, Pfade im Wald freigehackt.

Wir freuen uns auf eine gemütliche kuschelige Nacht in unserrem Kontor.


Es kommt aber alles völlig anders als geplant. Am Abend - unsere französischen Freunde haben schon Feierabend gemacht - zieht ein Gewitter auf. Zwar steht das Kontor schon, aber die Pferdekoppel ist noch nicht ganz fertig und natürlich liegt die gesamte Inneneinrichtung noch in Kisten verpackt in unserem Auto. Die Blitze kommen näher, wir schnappen uns Rufus und stellen unser Pferd wieder in den Anhänger. Zum Glück steigt er brav ein. Wir setzen uns mit unserem Hund ins Auto und warten das Gewitter ab. Nach etwa einer halben Stunde kehrt wieder Ruhe ein, wir laden Rufus aus und machen uns wieder an die Arbeit.

Weit kommen wir aber nicht: kaum steht der letzte Koppelpfosten, schon ziehen die nächsten bedrohlichen Wolken heran. Es bleibt uns nichts anderes übrig, als Rufus wieder in seinen Faradayschen Käfig zu packen und uns ins Auto zu flüchten. Diesmal tobt das Gewitter extrem heftig, es knallt und scheppert rings um uns herum, mehrere Male gibt es praktisch keine Verzögerung mehr zwischen Blitz und Donner - das Gewitter tobt genau über uns.

Wir würden gerne die exponierte Bergkuppe verlassen und auf den Parkplatz unten im Tal fahren, aber die Zufahrt zu unserer Wiese ist durch den starken Regen aufgeweicht, wir kommen nicht durch. Wir rufen Guillaume Cordier von der Mesnie an und bitten um Hilfe - eine Unterkunft für Rufus und uns irgendwo im Tal. Der Wetterbericht sagt für die ganze Nacht weitere starke Gewitter an. Nach einer gefühlten Stunde lassen die Naturgewalten kurzzeitig etwas nach, Bert zieht Schneeketten auf und versucht, das vollbeladene Auto und den Anhänger mit Rufus durch den Matsch und die rutschigen Schlaglöcher herauszuziehen. Der Weg ist so eng, daß der Pferdehänger beinahe nicht durch paßt, wir nehmen links und rechts großzügig das Buschwerk mit, zum Glück sind es keine größeren Äste. Durch die Belastung reißt eine der Schneeketten, wir stecken wieder fest. Jetzt laden wir Rufus aus, mit dem leeren Pferdehänger und einer Schneekette schafft es unser Bus bis zur befestigten Straße. Dort darf Rufus dann zum dritten Mal einsteigen - Verladetraining in Burgund...

Guillaume hat in der Zwischenzeit überall herum telefoniert - alle Hotels und Gästezimmer sind ausgebucht, es ist Ferienzeit. Sein Freund Jean-René Derepas, der einige Kilometer entfernt in Mancey wohnt, bietet eine Unterkunft für Rufus an. Wir fahren zu ihm und stehen vor einem großen Herrenhaus aus der Mitte des 19. Jahrhunderts, zwei Stockwerke hoch mit extrem hohen Decken und bodentiefen Fenstern rundherum, aber alles ziemlich heruntergekommen. Jean-René erzählt uns, daß seine 92-jährige Tante dort wohnt und daß er seit seiner Pensionierung vor einem Jahr angefangen hat, das Anwesen in Eigenarbeit wieder herzurichten. Eine wahre Sisyphusarbeit!

Rufus jedenfalls wird mit einem Wasserkübel und einer großzügigen Heuration in einen großen Ziegenstall gesperrt und mit Holzstangen verbarrikadiert - er darf nicht ausbrechen in den verwilderten Garten, denn dort stehen leider mehrere giftige Eiben. Wir sind erst mal glücklich, daß unser Pferd gut und sicher untergebracht ist für diese chaotische Nacht. Wir selbst sind total übermüdet und haben immer noch keine Bleibe für die Nacht. Da erbarmt sich Jean-Renés Tante, sie bezieht für uns ein Bett im feudalen Gästezimmer und von Jean-René bekommen wir sogar noch ein Abendessen. Wir schlafen sicher wie in Abrahams Schoß und sind am nächsten Morgen bereit, unser burgundisches Abenteuer fortzusetzen.

Einen herzlichen Dank an die Familie Derepas!!!


Gut ausgeschlafen und wieder zurück auf dem kaiserlichen Hügel beginnen wir, unser Kontor häuslich einzurichten.

Zwei Tage werden wir hier noch allein verbringen, erst am Mittwoch reisen die nächsten Mitstreiter an.

Das Wetter ist wechselhaft, es gibt immer wieder Schauer - zum Glück ohne Gewitter - aber auch schöne Momente, die wir gerne mal für eine gemütliche Siesta ausnützen.

Wir liegen natürlich nicht nur auf der faulen Haut, nein! Wir helfen auch beim Ausbau der Barrikaden. Rufus zieht einen gefällten Baum vom Waldstück bis an die Wehranlage - zum ersten Mal in seinem Leben muß er Holzrücken. Es ist schon etwas anderes, wenn so ein Ding im Gras hinter ihm her schleift und nicht rollt wie sein gewohnter Karren...

Rufus meistert die Herausforderung souverän - so ein tolles Pferd! Man hat den Eindruck, er hat selbst Spaß daran, etwas Neues auszuprobieren.


Wir nutzen diese ersten ruhigen Tage, um mit Rufus den Ort zu erkunden.

Es ist uns doch wohler, unserem Pferd den Ort einmal ohne große Besucherströme zu zeigen. Und wir sollten auch erst testen, ob unser Karren in den engen Gassen überhaupt um die Kurven kommt...

Balzane trois - cheval de roi


 

Brancion - der Ort:

Beeindruckend ist die Markthalle aus dem 15. Jahrhundert, die Rufus am liebsten gleich als luxuriösen Pferdestall beziehen würde.

Brancion - die Kirche:

Am Rand des Dorfes steht die frühromanische Kirche Saint-Pierre. Sie ist immer so unbedeutend gewesen, dass sie nie verändert wurde. Das hat den großen Vorteil, dass man hier einen originalen Raumeindruck einer kleinen Dorfkirche aus dem 12. Jahrhundert erleben kann. Im Inneren der Kirche zeigen stark verwitterte Wandmalereien in der Chorapsis Christus als Weltenrichter mit den vier Evangelistensymbolen, den zwölf Aposteln und den Auferstehenden. In der südlichen Nebenapsis sieht man Pilger vor einer Kirche, im Seitenschiff zwei Szenen mit der Aufnahme der Seelen in Abrahams Schoß.

burgundische Landschaft:

Der Blick vom Platz vor der Kirche in die weite Landschaft ist einfach wundervoll. Unterhalb der "Montagne de Brancion" befindet sich der kleine Ort La-Chapelle-sous-Brancion, umgeben von kleinen Feldern, Obstgärten und Weinbergen, eine liebliche Bilderbuchlandschaft - die aber zuweilen auch bedrohlich wirken kann, wenn sich die nächste Regenfront heranschiebt...

Brancion - die Burg:

Die Burg befindet sich östlich des Dorfes auf dem gleichen Felsrücken. Die Anlage geht bis ins 10. Jahrhundert zurück, wurde aber im 14. Jahrhundert erweitert, so das sie als Residenz für die burgundische Herzöge dienen konnte. Im Jahre 1594 wurde sie während der Religionskriege teilweise zerstört und nicht wieder aufgebaut. Der westliche Donjon blieb stehen und wurde restauriert, er bietet einen außerordentlichen Rundblick.


Ab Mittwoch residieren wir nicht mehr alleine auf unserem Hügel. Das Ulmer Aufgebot rückt als erstes an, es werden noch weitere Gruppen folgen, bis wir am Samstag knapp 100 Leute ein sollen.

Das Wetter meint es nicht besonders gut mit uns, am Mittwoch gegen Mittag setzt Dauerregen ein, der bis zum Donnerstag Abend mehr oder minder stark anhält. Die Zufahrt zum Lager ist eine Rutschpartie, Rufus muß sogar ein festgefahrenes Auto aus dem Schlamm ziehen.


Das Spiel beginnt für uns am Freitag, als das Wetter zumindest stundenweise aufklart. Wir legen endlich unsere spätmittelalterliche Kleidung an, schirren Rufus vor sein Zugscheit und schicken uns an, noch ein paar Bäume zu rücken, die unsere tschechischen Holzfäller bereits vorbereitet haben.

Es gibt auch zweimal bewegte Bilder anzuschauen, nämlich hier und hier.

Hier noch mal die gesamte Fotostrecke - weil wir uns selbst nicht dran sattsehen können...


 

In Erwartung der bevorstehenden Kampfhandlungen wird unsere Stellung befestigt. Die Leute schanzen auf Teufel komm heraus: Bäume und Steine werden aufgetürmt, Gräben werden gezogen, aus denen Palisaden wie Spiesse ragen, tarnendes Buschwerk wird liebevoll um die Kanonenstellungen am Wall drapiert...


 

All den martialischen Vorbereitungen zum Trotz statten auch wir dem burgundischen Lager einen Besuch ab. Schließlich hat der Fuhrmann von vornherein beteuert, daß er sich neutral verhalten will in der Auseinandersetzung und nur seinem zivilen Transportgewerbe nachgehen möchte. Prinzipiell werden wir also freundlich empfangen, wenn auch eine resolute Köchin dem frechen zudringlichen Fuhrmann gleich eins mit dem Löffel überbrät...

Ein erstes Opfer unseres Kanonenbeschusses ist ebenfalls zu beklagen.

Hmmmm.... ob mir die Stiefel passen?

Natürlich sind nicht alle Besucher so harmlos... Ein kleines Häufchen kaiserlicher Söldner mit ihren vorwitzigen Weibern ist auf Krawall aus. Heimlich schleichen sie sich an den Wachen vorbei auf den Turm, auf dem die Sturmglocke an einem Dreibein hängt.

Frau Uta heckt den Eulenspiegel-Streich aus: die Glocke wird abmontiert und unter ihrem Rock versteckt.

Sie schafft es, mit der Glocke unterm Rock unbehelligt an den burgundischen Wachen vorbeizukommen, die nur aufmerksam nach Waffen Ausschau halten. Zwar werden einige der Männer vorübergehend festgesetzt, jedoch ist ihnen nichts nachzuweisen, während die zarte Frau, die sich ruhig verhält und scheinbar harmlos am Rande steht, dem Interesse der Wachen entgeht. Es ist eine Meisterleistung, die schwere Glocke zwischen den Beinen die engen Treppen im Turm hinab zu tragen, dann den ganzen Burgberg hinunter und bis aus dem Tor hinaus, das sich knapp hinter Frau Uta schließt, die arme Frau aber noch schnell hindurchschlüpfen läßt...

Am Freitagabend bekommt Rufus Besuch - Santal bleibt für 2 Nächte unser Gast auf der Koppel. Nach kurzem Gequietsche und ausgiebigen Beschnuppern sind die beiden bald "copains comme cochons" (Kumpel wie Schweine = dicke Freunde), wie Santals Besitzer es ausdrückt.


Am Samstag ist es endlich so weit - es darf gekämpft werden!

 


Die Offiziere beider Seiten haben vereinbart, am Samstagabend die Waffen ruhen zu lassen und sich zu einem großen gemeinsamen Bankett zu treffen. Alle sind eingeladen, vom stolzen Hauptmann bis zur einfachsten Küchenmagd.

Der Fuhrmann bringt bereits am Morgen mehrere Wagenladungen burgundischer Küchenutensilien ins kaiserliche Lager.

Die Küchenmeister brutzeln den ganzen Tag - und das Festmahl soll auch für das Auge ansprechend sein. Der ritterlich gerüstete Hahn reitet das gebratene Ferkel zur hohen Tafel...

--- und ein süßer Drache rundet das Festmahl ab.

Hier bitte geht's zur herrschaftlichen Tafel...

... der Pöbel hingegen muß zusehen, daß er irgendwo einen Platz findet.

Am nächsten Tag muß Rufus die schwere Küchentruhe wieder nach Brancion zurückschleppen.

 

 


Etliche Handwerker haben ihre Verkaufsstände in der Markthalle aufgebaut. Wie immer sammelt sich wieder alles um Marcos goldenen Tand...

Der Fuhrmann hat seinen Posten bezogen - Haltestelle Markthalle. Hier wartet er auf Kundschaft.

Möglicherweise hofft er aber auch, daß keiner kommt und etwas von ihm will?

Es ist auf jeden Fall ein guter Platz: man hat den Überblick, muß aber nichts tun...

Das höchste der Gefühle ist eine gelegentliche Taxifahrt für den Hauptmann.


Die starken Regenfälle in der Nacht und am frühen Sonntagmorgen haben zur Folge, daß die Offiziere beider Seiten beschliessen, die Waffen weiterhin ruhen zu lassen. Um diesen Sonntag nicht völlig untätig verstreichen zu lassen, ordert der kaiserliche Hauptmann an, mehrere Geschütze nach Brancion zu bringen, sie vor der Kirche aufzustellen und zu Ehren des heiligen Petrus dort Salut schiessen zu lassen.

Bei dieser Aktion ist natürlich der Fuhrmann gefragt. Rufus muß sich ganz schön anstrengen vor seinem Karren.

Erst muß er eine Kanone im kaiserlichen Lager abholen und den steinigen steilen Weg herunterbringen...

... dann geht's in Brancion den steilen Berg wieder hinauf...

Hier hat Rufus die erste Fuhre geschafft. Die Kanone wird schnell abgeprotzt, dann macht der Fuhrmann gleich kehrt, um das nächste Geschütz im Lager zu holen...

Lilith, das Ulmer Geschütz, ist ganz schön schwer. Rufus muß alle Kräfte mobilisieren, um die Gassen von Brancion zu erklimmen, wie man hier sehen kann.

Die Zuschauer sind von der Geschützvorführung sehr beeindruckt. Der Donner rollt weithin über die burgundische Landschaft...

Der Fuhrmann und sein Weib verkrümeln sich mit Pferd und Hund Maya hinter die Kirche. Die arme Maya mag die Kanonen überhaupt nicht...

Rufus läßt sich durch die Salutschüsse nicht weiter stören. Er darf hinter der kleinen Kirche grasen, während vorne geschossen wird. Unmittelbar nach der Schießvorführung erweitert er seine Weidegründe und grast auch vor der Kirche, direkt bei den Geschützen.


Die anstrengenden Aktionen erfordern auch ein gewisses Maß an Erholung...

Hier der Fuhrmann beim "Quality Couch Time" - in Ermangelung einer Couch am Boden...

Unser Kontor bot schon all die Tage bei schlechtem Wetter eine beliebte Zuflucht für unsere diversen Nachbarn. Am letzten Abend lassen wir die Veranstaltung gemütlich ausklingen in einer fröhlichen Runde an des Fuhrmanns Tisch.

Es war - trotz meteorologischer Widrigkeiten - eine wunderbare Veranstaltung. Brancion ist ein großartiger Spielplatz für unser Hobby und wir hoffen, in einem oder zwei Jahren wieder zu Gast in Burgund sein zu dürfen.

Herzlichen Dank an die Mesnie Saint André und Au revoir Brancion!